Stiftung Männergesundheit, Junge Männer und ihre Gesundheit, Psychosozial Verlag Gießen 2022
Rollenbilder und Selbstverständnis junger Männer befinden sich im Wandel. Ein Teil hängt noch dem traditionellen Bild des staken, unverletzlichen Mann, der nicht über seine Gesundheit reflektieren muss. Ein anderer Teil öffnet die Rolle auch für Emotionen, sensible Wahrnehmung und lässt eine Auseinandersetzung mit gesundheitlichen Fragen zu.
Der fünfte Männergesundheitsbericht stellt die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von über 2000 16 bis 28 Jahre alten Männern in Deutschland vor. Vergleichend wurden 1000 junge Frauen befragt.
Der vorgestellte Bericht nimmt gezielt die Lebensphasen Jugend und junges Erwachsenenalter in den Blick. In sechs Kapiteln wird folgenden Fragen nachgegangen: Wie schätzen junge Männer ihre Lebenssituation ein? Wie gesund fühlen sich junge Männer? Wie gesund verhalten sich junge Männer? Welche gesundheitlichen Risiken gehen sie ein? Wie gestalten sie Ihre Freizeit? Welches Geschlechtsbild haben junge Männer?
Gesundheit ist dabei kein statischer, sondern ein dynamischer Zustand und ist mehr als das Freisein von Krankheit.
Bei der Frage nach dem individuellen Gesund Befinden von Männern ergibt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status und der subjektiven Gesundheit. Bemerkenswert ist, dass insgesamt bei dem gesundheitlichen Verhalten die Unterschiede nach Bildungsgraden sind größer als die nach Geschlecht sind. Eine entscheidende Rolle für das gesundheitliche Verhalten spielt der Bildungsgrad. Insgesamt spielt die gesundheitliche Selbstfürsorge bei jungen Männern eine etwas weniger ausgeprägte Rolle als bei Mädchen.
Gesundheitliches Risikoverhalten gehört für viele jungen Männer anscheinend zum Alltag. Bei jedem dritten jungen Mann kann der Medienkonsum als kritisch eingestuft werden.
Klassisch maskuline Positionen und die damit verbundene Erwartungshaltung an die eigene Männlichkeit werden zwar bei der Befragung nur von einer Minderheit der jungen Männer vertreten. Zwei von drei betonen den Aspekt Gleichstellung/ Gleichberechtigung in der Partnerschaft. Unterschwellige patriarchale Strukturen und Kulturen, Wünsche nach männlicher Grandiosität werden am ehesten in der Mediennutzung bsp. beim Gamen oder beim Pornos schauen ausgelebt. Beim Spielen fehlt dann oft Zeit für soziale Kontakte, Sport und Bewegung.
In dieser Studie zeigt sich sehr deutlich die sozialen Unterschiede in der Gesundheitseinschätzung und in dem Gesundheitszustand: Soziale Ungleichheit und Armut haben darauf erheblichen Einfluss. Jungen leiden genauso oft unter belastenden Lebensereignissen wie Mädchen, aber sie externalisieren oft ihre Gefühle, bringen sie in Wut und Aggression gegenüber anderen zum Ausdruck.
Will man am Gesundheitsbewusstsein und Gesundheitsverhalten etwas ändern, spielen das elterliche Vorbild eine entscheidende Rolle. Gesundheitskompetenz, also Wissen und Kenntnisse spielen ebenfalls eine große Rolle. Dabei müssen die Kinder und Jugendlichen unterstützt werden.
Eine zielgruppenspezifische Prävention muss auf Strategien erhöhter Aufmerksamkeit gegenüber den Signalen des eigenen Körpers und der Psyche setzen. Dabei kann durch die Mediatisierung des Alltags diese als Einfallstor für Gesundheitsinformationen genutzt werden. Was hat das mit Männerarbeit zu tun? Denn aus jedem Jungen wird mal ein Mann. Gesundheitsverhalten und Gesundheitsbildung muss schon bei jungen Männern ab dem Kindergarten verankert werden. Eine lesenswerte Studie für alle an Thema Männergesundheit Interessierten
Jürgen Döllmann
Stichworte: Männergesundheit, Jungen