Hanstein, Schönheit, Schönheit (Hg.), Heillose Macht!

Thomas Hanstein, Hiltrud Schönheit, Peter Schönheit (Hg.), Heillose Macht!, Von der Kultur der Angst im kirchlichen Dienst, Herder (Freiburg) 2022

Das Buch versammelt 50 Stimmen von Frauen und Männern im kirchlichen Dienst. Die Autoren fordern als Konsequenz eine aufrichtige Reflexion und plädieren dabei für eine neue Führungskultur.

Besonders betroffen -das zeigen die in diesem Band versammelten Berichte- sind in der Kirche und in kirchlichen Einrichtungen abhängig Beschäftigte, die der Willkür von Vorgesetzten ausgesetzt sind. Beispiele sind Demütigungen, widersinnige Anweisungen und bewusste Schikanen. Solange strukturelle Gewalt im hierarchischen System der katholischen Kirche herrscht, handelt es sich um heillose Macht. Die Angst vor Sanktionen sitzt im kirchlichen Dienst auch heute noch unfassbar tief.

Nicht Macht als solche -verstanden als Gestaltungsfähigkeit in einer definierten Aufgabe mit festgelegten Zielen-, sondern derer heilloser Missbrauch zur Durchsetzung von Interessen, Regeln und Glaubenssätzen sind Themen in dem Sammelband. Viele schweigen – aus Angst. Mit dem Sammelband soll denen eine Stimme gegeben werden, die aus dem geschützten Bereich von Coaching und Beratung heraustreten wollen und können. Die hier versammelten 50 Stimmen stehen stellvertretend und vermitteln persönliche Zeugnisse aus verschiedenen kirchlichen Feldern, um Ähnlichkeiten in der kirchenspezifischen Erfahrung von Macht und Ohnmacht aufzuzeigen. Deren Erfahrungen werden analysiert, um Ähnlichkeiten von Machtmechanismen aufzuzeigen. Ursachen sind oft institutionelle Rahmenbedingungen, Hierarchie, Glaubenssätze und spirituelle Überhöhung.

In einem zweiten Teil geht es um eine Analyse der Berichte. Hauptberufliche geben in der Regel nichts von ihrer Negativerfahrung nach außen geben. Das System der Macht wird geschützt und gestützt. Muster und Motive oft unbewusst, damit systemisch umso fester zementierte Beweggründe. Denn vieles ist bis heute nicht greifbar, nicht verstehbar, zugleich aber sehr wirkmächtig.

Deutlich wird in den Berichten, dass nicht Macht als solche das Problem ist, sondern deren heilloser Missbrauch zur Durchsetzung von eigenen Interessen.

Die O Töne in diesem Buch sprechen für sich, beeindruckend und teilweise schockierend und beklemmend. Diese sind oft nicht als Missbrauch sofort klar erkennbar kommen dadurch umso mächtiger durch. Statt Reue und Betroffenheit sollte vielmehr auf die Betroffenen gehört werden. Man sollte sich einlassen. Ein notwendiges Buch!

Jürgen Döllmann

Stichwort: Missbrauch

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