Jelena Leoni Olga Büchner, Männlichkeiten, neue Vaterschaft und Migration, Caring Masculinities zwischen sozialer Ungleichheit und männlicher Hegemonie, transcript Verlag Bielefeld, 2025
Männer mit Migrationshintergrund werden im Diskurs um neue Vaterschaft oftmals nahezu ausgeblendet. Das Buch zeichnet Männlichkeitskonstruktionen von migratisierten Vätern nach und nähert sich dem Thema über sorgende Männlichkeiten, den Caring Masculinities. Die neuen Väter streben nicht nur nach einer partnerschaftlichen Haltung, sondern sie leben in ihren Familien gleichberechtigtere Formen der Arbeitsteilung und zeigen Bereitschaft, ihre Berufstätigkeit zugunsten der familiären Bedürfnisse zurückzustellen. Die Forschungsfrage in der vorliegenden Dissertation war nun, wie rekonstruieren Männer mit Migrationshintergrund ihre Männlichkeit. Dabei werden die Typen Idealist, Pragmatiker und Traditionalist unterschieden.
Als Ergebnis kommt die Autorin zu dem Ergebnis, dass Männlichkeitskonstruktionen von migrantischen Männern und Vätern sehr vielfältig sind. Vaterschaftserleben der migrantischen Väter ist teilweise von deren eigenen Rassismus- Erfahrungen geprägt. Erwerbsarbeit wird als identitäts- und sinnstiftend erlebt, anderseits werden gerade in der Erwerbsarbeit immer wieder Diskriminierungserfahrungen gemacht. Caring Maculinities werden dann ist als eine Form eines weißen Privilegs, die nicht allen Männern gleichermaßen zugänglich ist, verstanden.
Die Arbeit ist in eine grundlagentheoretische Rahmung, der Darstellung des Forschungsdesigns- Befragung von Männern mit Migrationshintergrund- sowie der ausführlichen Darstellung der Ergebnisse aufgeteilt.

Zunächst geht es der Autorin um die theoretische Beschäftigung mit den sozialen Kategorien Geschlecht bzw. Männlichkeit und Migration. Migrationshintergrund liegt dann vor, wenn die Person selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.
Jeder Beruf und noch mehr der berufliche Erfolg bildet den Kern industrieller Männlichkeit. Daher gilt innerfamiliäres Engagement jenseits des Broterwerbs als Bedrohung des zentralen Bestandteils von Männlichkeit, der Berufstätigkeit des Vaters. Vaterschaft manifestiert sich nicht in seinem Engagement in der Familie, sondern für die Familie als Ernährer. Dies umfasst dann oft den Bereich der sorgenden Männlichkeit.
Bei Vätern mit sogenanntem Migrationshintergrund ist ein Forschungsdesiderat zu verzeichnen. Migrantische Männer und Väter werden insgesamt zumeist defizitorientiert, als Personen in schwierigen sozialen Lagen mit niedrigem Bildungsniveau dargestellt.
Die zentralen Merkmale von Caring Masculinities bestehen zum einen aus der Ablehnung von Dominanz, zum anderen aber in der gleichzeitigen Integration von Werten der Fürsorge in ihren Männlichkeitsentwurf.
Migrantische Männer sind in ihrer Diversität von traditionellen bis progressiven Männlichkeiten vertreten. Ausgeprägte erziehungswissenschaftliche Forschungslücke zu Vaterschaftserleben und Rassismuserfahrungen. Wenn Caring Masculinities ein weißes Privileg ist, ergibt sich daraus das Erfordernis für zukünftige interdisziplinäre Väterforschung. Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zu dem Thema neue Vaterschaft und Migration.
Jürgen Döllmann
Stichworte: Männer Heute, Männlichkeit, Untersuchungen und Studien

