Patrick Ehnis, Väter und Erziehungszeiten. Politische, kulturelle und subjektive Bedingungen für mehr Engagement in der Familie. Ulrike Helmer Verlag, Sulzbach/Taunus 2009. ISBN 978-3-89741-295-8. 320 Seiten, € 29,90.
Eines der großen familienpolitischen Themen derzeit nimmt Patrick Ehnis in seiner Dissertation in den Blick: die stärkere Beteiligung von Vätern an der Erziehung.
In einem ersten Teil stellt er die relevanten statistischen Daten und den bisherigen Forschungsstand zusammen. Dabei greift er auf eine Vielfalt an Studien und Publikationen zurück (man beachte das umfangreiche Literaturverzeichnis), ohne den Leser mit einem Zahlenwirrwarr zu erschlagen; er versteht es, Ergebnisse von Untersuchungen übersichtlich darzustellen. Sein Fazit: „Auch wenn in jüngster Zeit vermehrt Studien erschienen sind, die die Möglichkeitsbedingungen von ‚aktiven Vätern‘ berücksichtigen, bleibt der Forschungsstand sowohl im Hinblick auf die konkreten Wirkungsweisen individueller und struktureller Barrieren als auch im Hinblick auf Verbesserungsoptionen insgesamt defizitär“ (S. 60). Diesem Desiderat will er mit zwei eigenen qualitativen Erhebungen und deren Auswertung begegnen.
Zum einen hat er Interviews mit 15 Vätern geführt, die Elternzeit genommen haben oder sich in anderer Weise um eine aktive Vaterschaft bemühen. Diese stammen zwar alle aus der städtischen Bildungsschicht, sind also eine sozial recht homogene Gruppe. Dennoch versteht es Ehnis, unterschiedliche Grundtypen bei Einstellungen, Verhaltensweisen und praktischen Arrangements herauszuarbeiten. Typische Erfahrungen, Herausforderungen und Problemlagen werden sichtbar – und auch Verbesserungswünsche, z. B. gegenüber den Arbeitgebern.
Die kommen in der zweiten Erhebung von Ehnis in den Blick. Lediglich vier Betrieben, die alle für Familienfreundlichkeit ausgezeichnet wurden, hat Ehnis auf den Zahn gefühlt. Trotz dieser sehr begrenzten Untersuchungsgrundlage zeigen sich bereits deutliche Begrenzungen bei den tatsächlichen Möglichkeiten für Beschäftigte, ihre Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie den familiären Anforderungen gerecht werden. Bezeichnend ist z. B., dass das Thema Elternzeit für Väter noch kaum im Bewusstsein der Verantwortlichen in den Firmen präsent ist.
Zusammenfassend sind für Ehnis „Elternzeiten von Vätern nicht nur vielversprechend, um die Beziehung der Väter zu den eigenen Kindern zu erhöhen, sondern beinhalten auch die Chance einer egalitäreren Verteilung von Erwerbsarbeit und kind- und haushaltsbezogenen Arbeiten zwischen den Eltern“ (S. 268). Allerdings sieht er auch noch viele Defizite. So nimmt zum Abschluss seines Buches die derzeitigen politischen Regelungen unter die Lupe und formuliert – auch in Aufnahme der Erkenntnisse aus seinen Erhebungen – eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen.
Insgesamt also ein erhellender Blick auf die derzeitige Situation von Müttern und Vätern mit kleinen Kindern, der einen tiefer blicken lässt und Zusammenhänge und Hintergründe erschließt.
Martin Hochholzer