Ankha Haucke, Soforthilfe für die Paarbeziehung, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2022
Die Paartherapeutin mit eigener Praxis schreibt in diesem Buch über häufige Paarprobleme und wie man mit ihnen umgeht.
In einer Paarbeziehung gibt es Zeiten, in denen sich die Partner als fremd und die Beziehung als belastend erleben. Da ist es hilfreich, geduldig und aufmerksam zu beobachten, wo der aktuelle Knackpunkt in der Liebesbeziehung liegen könnte. Wir können das Miteinander unserer Partnerschaft aktiv beeinflussen. Die Einsicht, dass wir unsere Partner nicht ändern können, sondern nur uns selbst, ist leicht gesagt. Aber wenn einer der Partner sich bewegt, bewegt sich die andere Person automatisch mit. In jedem Fall findet man in dem Buch Vorschläge für Perspektivenwechsel und Verhaltensänderungen, die allein, aber auch gemeinsam ausprobiert werden können. Die Kapitel bauen nicht aufeinander auf, sondern können einzeln gelesen werden. Mit konkreten Beispielen aus der Arbeit werden die Themen sehr anschaulich geschildert.
Wir erhoffen uns, dass in Liebesbeziehungen unser Bindungsbedürfnis erfüllt wird. Gleichzeitig haben wir ein Bedürfnis nach Autonomie, wollen unseren Interessen nachgehen. In dem Buch gibt es viele Vorschläge zur Veränderung der Kommunikation. Im folgende stelle ich die Argumentationen in dem Buch zu unterschiedlichen Aspekten vor.
1) Es gibt Verhaltensweisen, die in Liebesbeziehungen als mehr oder weniger schwerwiegende Vertrauensbrüche (Nichteinhaltung einer Vereinbarung) verursachen. Dann möchte man wieder vertrauen können. Man hofft, in Liebesbeziehungen ein ähnlich vertrauensvolles Vertrauensverhältnis wie als Kind zu den Eltern zu finden. Dabei sollte zunächst geschaut werden, was man selbst für sich tun kann, um in eine ausbalancierte Verfassung zu kommen. Danach sollte mittgeteilt werde, was man in der Partnerschaft beobachtet, was einen beschäftigt. Schildern, was die Situation in einem auslöst. Das bedeutet natürlich, dass man sich verletzlich zeigt und ein Risiko eingeht, dass Bedürfnisse vom Partner nicht beantwortet werden. Das heißt man versucht zu verstehen, wieso es zu dem verletzenden Verhaltensgekommen ist.
2) Die meisten Menschen hoffen unausgesprochen, in ihrer Liebesbeziehung Gewiss sein zu können, dass sie Partnerin Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen wird und nichts tun wird, was sie verletzt. Das es also nicht zu einem Vertrauensbruch kommt. Was als verletzend angesehen wird, ist bis zu einem gewissen Grad individuell unterschiedlich. Das Ausbleiben von positiver Bestätigung kann auch eine Wunde verursachen. Sobald wir verstehen, warum wir so gehandelt haben, bekommen wir Optionen, zukünftig anders vorzugehen. Oft wurden Menschen, die sich verletzend verhalten, selber verletzt. Wir alle fühlen uns manchmal hilflos und verwundbar. Heilen kann ein Vertrauensbruch nur, wenn spürbar wird, dass es einem leidtut. Nicht rechtfertigen, sondern anerkennen, dass wir in der Situation schwach und hilflos waren.
3) Die Regulierung von Nähe und Distanz stellt für alle Paare eine Herausforderung dar, manche fühlen sich eingeengt, manche sehnen sich nach größerer Nähe. Mit dem Partner sprechen, wie aktuell die Situation erlebt wird. Liebesbeziehungen werden durch die Eigenständigkeit der Partner als Individuen gefestigt. Ich welcher Form würden sie gerne in ihrer Partnerschaft mehr Nähe erleben? Weis ihre Partnerin davon? Sobald Partner mehr Verantwortung für das eigene Wohlergehen übernehmen, anstatt vom Partner erwarten, dass er sich kümmert, entspannt sich oft die Situation.
4) In Paarbeziehungen etabliert sich mit der Zeit ein Konfliktdynamik, die bei jeder Auseinandersetzung ähnlich abläuft und Streitigkeiten auch eskalieren können. Sorgen, dass das Ruhe-Fürsorge System einen Platz in der Liebesbeziehung bekommt, senkt die Wahrscheinlichkeit von Eskalationen. Dazu sollten die ersten Anzeichen für eine Eskalation wahrgenommen werden und man sollte innerlich aus dem Prozess aussteigen und registrieren, was das Verhalten des Gegenübers bei einem Selber auslöst. Das Anderssein des Partners nicht persönlich nehmen. Und es braucht sehr viel Zeit und Ausdauer, um einander zu verstehen. Und nicht darauf zu hoffen, dass der andere spürt oder ahnt, was man selber braucht.
5) Für viele Menschen sind Unterschiede oder Konflikte in der Partnerschaft schwer zu ertragen, sie sehnen sich nach Harmonie. Viele Menschen setzen Liebe mit Harmonie gleich. Wir können Konflikte aber als eine Gelegenheit betrachten, uns selbst und unser Gegenüber besser kennenzulernen. Wenn Paare längere Zeit vermeiden, unterschiedliche Bedürfnisse anzuerkennen, und sich austauschen und nach Kompromissen suchen, wird oft die Liebe geschwächt. Sich von einem Menschen abhängig zu fühlen, schränkt ein. Verbundenheit kann beglückend wirken.
6) Die Erwartung, dass der Partner dafür zu sorgen hat, das es einem gut geht, ist weit verbreitet, aber schwer umzusetzen. Ein Wunsch an den Partner wirf greifbarer, wenn wir gleichzeitig unsere Gefühle benennen. Gleichzeitig ist der Wunsch nach Wertschätzung zutiefst menschlich. In einer Partnerschaft kann nur dort angesetzt werden, wo man selber Einfluss hat, und das ist nun mal beispielsweise der eigene Kommunikationsstil.
Wir entwickeln uns als Individuum ständig weiter, unsere Bedürfnisse verändern sich zum Teil. Daher müssen sich auch Liebesbeziehungen weiter entwickeln.
Durch das Buch zieht sich als Vorschlag für die Lösung von Paarproblemen die Unterstützung des Bemühens durch Zwiegespräche, einem Gesprächsformat mit einigen Regeln wie einem festen Termin, Zuhören und das Gesagte auf sich wirken lassen, Regelmäßigkeit (1-mal die Woche). Wichtig sind offene und ehrliche Gespräche, in denen über Bindung, Verletzlichkeit und Sehnsucht nach Nähe stehen und durch Zuhören nicht bewerten, sondern zu Verstehen versuchen.
Ich habe das Buch mit Gewinn gelesen und halte es für Männer, die in der Paararbeit tätig sind, aber auch in der Männerberatung und als Leitfaden für Männergruppen oder für die Weiterentwicklung der eigenen persönlichen Beziehung geeignet. Dabei fand ich die Fragen, die gestellt werden können, die man sich selber stellen kann oder in der Arbeit mit Gruppen verwenden kann als hilfreich.
Jürgen Döllmann
Stichworte: Lebenshilfe, Männer Heute, Praxisbuch