Andreas Plackinger, Vera Marstaller, Rebecca Heinrich, Joachim Grage, Olmo Gölz, Cornelia Brink, Männer, Helden und Held:innen, Wallstein Verlag, Göttingen 2024
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsprojekt zu Helden, – Heroisierungen – Heroismen untersucht das Heroische als soziales Phänomen aus der Geschichte bis heute. Dabei steht die Frage ob das das Heroische in anderer als maskuliner Gestalt gedacht werden kann im Mittelpunkt. Oder ist Heldentum und Mann-Sein geradezu selbstverständlich gleichzusetzen? Helden werden als Menschen mit vergeschlechtlichen Körper vorgestellt. Held:innen sind Männer oder Frauen, Heroisierungen jenseits der geschlechtlichen Binarität sind nicht im Blick. Die Beobachtung, dass der singuläre weiße männliche Held zumeist stillschweigend als Normalfall des Heroischen vorausgesetzt wird, ist für die Autoren ein Anlass, dieses Buch zu schreiben. Hier soll die geschlechtliche Dimension des Heroischen problematisiert werden. Die Verknüpfung von Maskulinität und Heldentum wird aufgezeigt, andererseits wird sie dekonstruiert. Wenn man in die Vergangenheit zurückblickt, sind heroische Erzählungen ganz überwiegend von Männern dominiert. Es gilt also, den männlichen Helden nicht zum menschlichen Ideal zu erklären und damit den Blick auf Machtverhältnisse zu verstellen.

Der Held stabilisiert die männliche Herrschaft, Vorstellungen von Heldentypen sind Erfindungen des Patriarchats. Die gewärtige Forschung zum Heroischen ist von der Beschäftigung mit hegemonialen Heldenvorstellungen geprägt. Männer haben die Macht und maskuline Eigenschaften werden höher bewertet als feminine. Ziel ist es, die Effekte des Heroischen für alle Geschlechter aufzuzeigen und für weitere Fragestellungen zu sensibilisieren. Es soll dem Kanon männlicher Helden einen weiblichen oder queeren Kanon gegenübergestellt werden.
Frauen kam früher vor allem die Rolle der bewundernden Verehrerin des männlichen Helden zu. Das Heroische erfordert Alleinstellungsmerkmale – sei es als Erste das Nie – Erreichte zu vollbringen oder gänzlich neue Maßstäbe zu setzen. Viele Berufe, in denen dieses potenziell möglich ist, waren Männerdomänen, weil auch die Eigenschaften wie Wagemut, Erfindergeist oder Kampfbereitschaft mit zeitgenössischen Vorstellungen von Männlichkeit einhergehen. Das maskulin antizipierte Heroische hat eine besondere Wirkmacht für die Legitimation einer asymmetrischen Geschlechterordnung. Frauen konnten als Pilotin (Beispiele im Buch Melli Beese) oder als Frau, die als Pionierin ein den Männern vorbehaltenes Terrain erobert, Heldinnen werden. In vielen Bereich wie die Arbeit am Dirigentenpult oder der Herzchirurgie wirkt allerdings bis heute die Geschlechtersegregation.
Helden sind Männer, Heldinnen sind Frauen. So geraten Heroisierungen jenseits der geschlechtlichen Binarität gar nicht in den Blick. Das Buch beleuchtet einen speziellen Forschungsbereich und leistet damit einen Beitrag zum Erkennen von Geschlechtersegration. Helden zeichnen sich vor allem durch aktive Gewalt aus, Heldinnen durch passive Selbstopfer. Held:innen fordern die Grenzen binärer Geschlechterordnungen heraus. In dem Buch wird die Verknüpfung von Maskulinität und Heldentum aufgezeigt, andererseits wird sie in dem Buch problematisiert.
Jürgen Döllmann
Stichworte: Männer Heute, Männlichkeit, Feminismus

