Bonelli, Frauen brauchen Männer

Raphael M. Bonelli, Frauen brauchen Männer – und umgekehrt
Kösel Verlag (München) 2018

Ich gebe zu, meine Erwartungen waren zwiespältig. Was sollte ich von einem Buch mit diesem Titel
(und dann auch noch dem Untertitel „Couchgeschichten eines Wiener Psychiaters“) erwarten. Eine lockere Plauderei aus der Praxis? Aber um es vorweg zu nehmen. Es kam anders. Raphael Bonelli ist Neurowissenschaftler an der Universität Wien sowie Psychiater mit eigener Praxis.

Der Autor fokussiert in seinem unterhaltsamen Buch Millennials oder Generation Y. Millennials erlebten von klein auf die Auflösung der stereotypen Rollen und das Verschwimmen der männlichen und weiblichen Geschlechtsidentität. Als zweiten prägenden Einfluss beschreibt der Autor das Internet, da sie nicht nur mit, sondern sogar im Internet aufgewachsen seien. Die intuitive Anziehung (Eros) zwischen dem männlichen und weiblichen Prinzip lebt seiner Ansicht nach von den körperlichen, emotionalen und kognitiven Unterschieden der Geschlechter. Beziehung gelingt nur, wenn sich die Geschlechter in ihrer Verschiedenheit gleichberechtigt auf Augenhöhe begegnen. Dafür ist das Wahrnehmen der eigenen körperlichen Dimension eine wichtige Voraussetzung. Daneben tritt die Verschiedenheit der emotionalen Pole von Mann und Frau und die unterschiedliche Denkweise und Begabungsschwerpunkte und Verarbeitungsprozesse. All diese Unterschiede sind der gesellschaftlichen Beeinflussung ausgesetzt.
Männlichkeit ist für Bonelli mit den Dimensionen Stärke, emotionale Stabilität und Sachlichkeit verbunden, aber keiner hat diese Eigenschaften zu 100%. Und kein Geschlecht ist dem anderen überlegen. Beide Geschlechter haben ihre Talente, Stärken, Schwächen und Bedürfnisse. Daher können sich Männer und Frauen ergänzen und fördern. Und so gelingt dann auch Partnerschaft.
Und für den einzelnen Menschen gilt: Je mehr Zugang zu seinem Inneren gelingt, um so mehr ruht der Mensch in sich. Notwendig ist, dass Männer diesen Zugang zu sich nicht durch Entwertung, des in die Ecke Drängens oder Kriminalisierung verlieren.

Eine unbewusste Kraft namens Eros führt Frauen und Männer körperlich, emotional und kognitiv zusammen. Asymmetrien in der Beziehung benötigen ein Um-Denken, Um-Wollen und am Ende das Um-Fühlen. Unterschiede in den Geschlechtern müssen wahrnehmbar gemacht werden, um auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Beide Geschlechter haben ihre eigenen Verletzlichkeiten und Ecken. Das Wahrnehmen es eigenen geschlechtlichen Selbst ist Voraussetzung für das gegenseitige Helfen. Und zum Schluss: Erst an der Frau entdeckt der Mann den umfassenden Sinn seiner Männlichkeit.

 

Ein hilfreiches Buch für Männer, um mehr über sich, aber natürlich auch über gelingende Partnerschaft zu erfahren. Fülle von Beispielen des Autors aus der eigenen Praxis machen das Geschriebene nachvollziehbar und das Buch Nachschlagenswert.

Jürgen Döllmann

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