Jeremia 31,31-34
Sklaverei, Vertreibung, Völkerwanderung – also Migration – und das damit verbundene Leid und die Hoffnung auf die Gründung einer neuen Zivilisation bilden für mich, der ich kein guter Kenner der Geschichte des Volkes Israel bin, die Monumental-Themen dieses Bibeltextes. Themen, die bis heute die Menschheitsgeschichte prägen – mit allen politischen Problemen, die wir bis heute nicht in den Griff bekommen haben. Wir haben in Deutschland in den letzten Jahren einen kleinen historischen Hauch dessen gespürt… Aber selbst, wenn wir mit vielen Kenntnissen, einer geänderten Verhaltensweise und gelebter Toleranz handeln, drehen wir nur mit einer kleinen Kurbel am Riesenrad der Weltgeschichte. Unser Wissen verbessert das Große und Ganze also kaum. Ich glaube kaum, dass ich da übertrieben pessimistisch bin. Es ist frustrierend.
Doch ich kann auch einen zweiten Blick auf den Text nehmen, und die Begriffe in den Blick nehmen, die mein Herz schneller schlagen: „Väter“, „neuer Bund“ und „Missetat/Sünde.“ Sie lösen ganz andere Assoziationen aus, sie sind näher an mir dran. Hier kann ich wirksam sein: Ich kann als Vater, der ich bin, mein Kind sicher in die Zukunft begleiten. Und nicht nur das: Ich habe mit anderen Vätern einen Verein gegründet, die mit mir das gleich Ziel verfolgen: gute, fürsorgliche Väter zu sein und dabei möglichst viele Väter mitzunehmen und zu stärken – und zwar lange bevor sie Probleme haben. Wir wollen vermeiden, dass sie eine „Missetat“ oder „Sünde“ begehen – und das sind in unserem Sinne: Gewalt ausüben, sich nicht um ihr Kind kümmern, keine Zeit haben, es nicht stärken, nicht zuhören, die Mutter im Stich lassen – wie leider viele unserer Väter: Väter, die uns kaum in den Arm nahmen, uns nicht lobten, nicht sagten, dass sie „stolz“ auf uns sind, die im Krieg oder in der Nachkriegszeit von Gewalt, Tod und Hunger traumatisiert wurden oder hart arbeiten mussten, um produktiv zu sein.
Mit dem Motto unseres Vereins „Vater sein. Da sein.“ wird alles ausgedrückt: Wir sind für unsere Kinder da – nicht etwa sie für uns. Sie machen unser Dasein nicht nur notwendig, sondern überhaupt erst lebenswert und sinnvoll. Ich kann es noch etwas Pathetischer ausdrücken: Drei Dinge sind wirklich wichtig im Leben eines Mannes: Geburt, Vater werden, Tod.
Immer, wenn ich in unserem Vater-Kind-Café, auf einem Zeltlager oder bei den Elternzeit-Vätern bin, wenn ich also die Väter und Kinder miteinander sehe, weiß mein Herz, dass das, was wir tun, richtig ist. Das sind für mich „heilige Momente“.
Ein guter Vater zu sein, ist die beste Lebensaufgabe, die es für einen Mann gibt. Er muss ja nicht gleich einen neuen Verein gründen. Es genügt, den „neuen Bund“ mit sich selbst zu schließen.
Jürgen Kura, Vorsitzender von Väter in Köln e.V.