Valentin Moritz, Donat Blum (Hg.), Oh Boy, Männlichkeiten heute, kanon Verlag Berlin 2023
Der Sammelband „Oh Boy. Männlichkeit*en heute“ erzählt in 18 literarischen Texten von Entwürfen neuer Männlichkeit. Autor:innen, die irgendwann im Leben eine männliche Sozialisation durchlebt, sich als Mann gefühlt hatten oder fühlten, schreiben über ihr Erleben von Männlichkeit. Wie wurden wir zu Männern gemacht? Von welchen Männlichkeitsidealen wurden wir geprägt? Das Buch ist keine abschließende Analyse. Sondern eins, dass Stoffe und Erfahrungswissen aus unterschiedlichen Perspektiven zusammenträgt. Als Beispiele seien hier die Bedeutung von Aufrechterhaltung von Normen für das Aufwachsen eines Jungen, das Schweigen von Männern, Väter, Ende einer Liebesbeziehung zweier Männer, abwesende Männer, Sprachlosigkeit zwischen Vater und Sohn, Kindheit und erste Liebe, Homosexualität und Trans genannt.
Wie wird Männlichkeit immer wieder erzeugt? Was muss ich tun, um mich als Mann auch männlich zu fühlen – also um mir irgendwann männlich vorzukommen bei dem, was ich gerade mache?
Beispielhaft beschreibt ein Autor seinen Schmerz und Trauer, die in ihm hochstiegen. Das Gefühl, nicht zu genügen. Nicht genug Mann zu sein. Über Männlichkeitsvorstellungen, über Männerfreundschaften, über Männerliebe wurde im Schulalltag nicht gesprochen. Verschweigen meine männlichen Freunde ebenfalls ihre schlimmsten inneren Zerwürfnisse? Weil sie gelernt haben, dass Männer keine Angst voreinander zeigen dürfen? Oder weil sie nicht wissen, wie? Und wenn ja können wir den Teufelskreis durchbrechen, in dem wir anfangen, einander von den Dingen zu erzählen, die uns zerfressen wie Depression, Verlustängste und Selbstzweifel?
Das kulturelle Skript bringt Männern bei, dass sie mutig. Selbständig und hart sein sollten. Das Buch schaut auf die Verletzlichkeit von Männern.
Es sind hier vor allem die queeren, homosexuellen und transgender-Stimmen, die in der Lage sind, Männlichkeit*en neu zu entwerfen, gerade weil sie seit jeher mit dem herkömmlichen Männertheater nichts anzufangen wissen.
Renommierte Autor*innen wie Kim de L’Horizont, Deniz Utlu, Daniel Schreiber, Valentin Moritz und Ozan Zakariya Keskinkilic und andere zeigen in diesem Band Männlichkeit*en, die weiter sind, als wir dachten. In den Texten wechseln sich Reflexionen, eigene Gedanken und Bekenntnisse ab. Es wird gezweifelt und gesucht. Daher ist der Band gut zum Einstieg in die Diskussion geeignet, bietet aber meiner Meinung nach neben der individuellen und autobiographischen wenig weiterführende Perspektiven.
Jürgen Döllmann
Stichworte: Männer Heute, Männlichkeit