3. Fastensonntag

Ich habe fast zwanzig Jahre mit Männern in der Krisen- und Gewaltberatung gearbeitet, die von sich behaupten, dass sie ein Problem mit ihren Aggressionen haben. Wenn ich diese Männer dann persönlich kennen gelernt habe, konnte ich das oft bestätigen. Allerdings haben sie in meiner Wahrnehmung nicht zu viele Aggressionen gehabt, sondern zu wenige. Ich würde sie als aggressionshemmt bezeichnen. Der Anlass, weshalb die Männer aber häufig zu uns in die Beratung gekommen sind, war, dass sie gewalttätig geworden sind.

Was hat das nun mit dem Johannes Evangelium zu tun? Jesus tritt in diesem Evangelium aggressiv auf: er „trieb sie alle aus dem Tempel hinaus“, „…das Geld der Wechsler schüttete er aus, und ihre Tische stieß er um“. Er handelt aggressiv, er macht klare Ansagen, er macht seinen Standpunkt deutlich und unmissverständlich klar.

Wir verbinden im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Wort Aggression etwas Negatives. Wenn wir von „aggressiven Jugendgangs“, von „aggressiven Fußballfans“ sprechen, meinen wir in der Regel, gewalttätige oder zumindest gewaltbereite Menschen. Von der Wortherkunft heraus leitet sich das Wort „Aggression“ aus dem Lateinischen „aggressio“, ab und bedeutet übersetzt „auf etwas oder jemanden zugehen“, „etwas in Angriff nehmen“, „sich nähern“, „heranschreiten“, „angreifen“. All das tut Jesus im Tempel. Er macht in seinen Worten und in seinem Handeln seinen Standpunkt unmissverständlich klar.

All das brauchen wir auch heute: sich klar und deutlich zeigen, für etwas oder jemanden einstehen. Jesus ist in diesem Evangelium nicht der „höfliche und angepasste“ Mann, sondern der Mann, der in den Konflikt geht und Ecken und Kanten zeigt. An diesen Ecken und Kanten kann man sich stoßen (so, wie die Händler und Geldwechsler wahrscheinlich) und er hat damit ein klares Profil gezeigt. Wir brauchen das in unseren täglichen Konflikten. Wenn wir uns zeigen mit unseren Emotionen, wie z.B. Wut, Enttäuschung, Ärger und einen Ausdruck dafür finden, können wir verstanden werden. Wir gehen dann in den Kontakt und wir zeigen uns authentisch. Die Männer, mit denen ich in den Beratungsprozessen gearbeitet habe, haben gelernt, sich zu zeigen, für sich oder ihre Sache einzustehen und sie haben sich dadurch als handlungsfähig erlebt. Sie haben sich selbst ernst genommen, sie haben ihren Emotionen und ihren Aggressionen frühzeitig und angemessen Raum gegeben. Und sie haben etwas sehr Wichtiges dabei gelernt: sie haben gelernt, sich gegen Gewalt und Grenzüberschreitungen entscheiden zu können. Sie geben nichts auf, sondern sie gewinnen etwas hinzu. Ein Mann sagte mal etwas sehr Berührendes zu mir: „Früher habe ich viel ausgehalten in der Hoffnung, dass es schon irgendwie wieder besser werden wird. Aber es hat dann oft nur einen kleinen Tropfen gebraucht, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat und ich andere Menschen verletzt habe. Heute -seitdem ich hier in der Beratung bin- streite ich viel mehr und bin dadurch unbequemer geworden. Das ist sehr anstrengend und ich bin sehr erleichtert, dass ich mich klar und deutlich gegen Gewalt entscheiden kann. Ich mag mich, wenn ich mich für mich einsetze und aktiv bin. Mein Umfeld kann mich viel besser einschätzen und ich kann mit meinem Gegenüber streiten und streite nicht gegen ihn“.

Andreas Moorkamp

Auf dem Weg durch die Nacht – Männerwanderungen von Gründonnerstag auf Karfreitag (28./29.3.24)

Eine gute Tradition sind Männernachtwanderungen von Gründonnerstag auf Karfreitag. Sie werden von regionalen Veranstaltern durchgeführt. Elemente sind: gehen, schweigen, reden, erinnern und nachspüren der letzten Stunden Jesu, in der Gruppe … Mehr zu Orten und Anmeldungen in den Flyern.

Mainz-Gonsenheim – Jakobsberg (Region Mainz)

Bruchköbel – Niedergründau (Region Fulda, Hanau)

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