3. Fastensonntag

Sinnerfülltes Altern

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn.

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang;

Und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.

(Rainer Maria Rilke, Das Buch vom mönchischen Leben. Insel-Verlag, 1905)

In den Impulsen zur Fastenzeit geht es in diesem Jahr um das Loslassen, um Spiritualität als eine Haltung der Offenheit für das Leben, die Menschen, für Gott. Bei der Beschäftigung mit diesen Fragen habe ich mich an ein Buch des Gerontologen Andreas Kruse erinnert mit dem Titel „Leben in wachsenden Ringen – Sinnerfülltes Alter“ – in Anlehnung an die Zeilen von Rainer Maria Rilke. Dabei geht es dem Autor um die seelisch-geistige Entwicklung, die auch im Alter – bei manchen körperlichen Einschränkungen – Sinn erfahren lässt, z.B. in der Generativität für junge Menschen.

In meinem eigenen Leben habe ich mehrfach die Erfahrung gemacht, dass an wichtigen Wegmarken Loslassen dazu geführt hat, dass mir etwas zu-gefallen ist, um das ich mich vorher bemüht hatte. Die Ausgewogenheit von „Ora et labora“, von aktivem Handeln und absichtslosem Innehalten kann zu einer Grundhaltung werden. Im Gebet oder in der Meditation kann ich mich einlassen, in mich hineinhören und auch vertrauensvoll Wünsche und Ängste abgeben. Ein Grundvertrauen nach dem Motto „Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“ ist dabei ein großes Geschenk.

Seit einigen Jahren nehme ich einmal im Jahr an Exerzitien für Männer im Ruhestand teil, die ein Freund von mir in Meschede anbietet. Gespräche über biblische Texte, Meditation, Teilnahme am Chorgebet der Mönche und gemeinsames Wandern – so entsteht eine Gemeinschaft, die erfüllend ist und zu einer Vertiefung der Spiritualität beiträgt. Besonders intensiv ist das ewige Gebet, eine Nachtwache in der Kapelle des Hauses der Stille. Gerade im Ruhestand, wenn berufliche Netzwerke wegfallen, ist es hilfreich, Halt im Glauben und in der Gemeinschaft mit anderen zu finden.

Autor: Karl Michael Griffig

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