4. Fastensonntag

Anfang der Woche bin ich ins Saarland gereist. Ich war eingeladen, eine Fastenpredigt zu halten. Das Thema: Missbrauch ist ein kriminelles Verbrechen!

Eigentlich wollte ich die Predigt unter ein Wort von Adolph Kolping stellen.

Im Kontext des Briefes der drei römischen Kardinäle an die deutschen Bischöfe, aber vor allem wegen der mehr als irritierenden Aussagen von Papst Franziskus zu den aktuellen Vertuschungsvorwürfen gegen Johannes Paul II in Polen sowie von Kurienkardinal Cordes in der FAZ, bin ich dann zunächst doch eng am eigentlichen Titel geblieben:

Missbrauch ist ein kriminelles Verbrechen!

Im katholischen Umfeld geht es dabei eben nicht nur um die Taten selbst, sondern auch um deren Vertuschung, um die massenhafte Strafvereitelung. Es geht um all das menschenverachtende Verhalten, das dazu geführt hat, dass Täter ungehindert ihre Verbrechen begehen konnten; die zu einer Stimmung geführt haben, in der viele Opfer/Betroffene/Überlebende sich selbst heute noch nicht anderen anvertrauen können. Wer das auch nur im Ansatz relativiert, vor allem, um die Institution Kirche oder seine Verantwortungsträger zu schützen, der scheint nichts von der Not und dem Leid der Opfer verstanden zu haben.

 

Ich befürchte, dass die aktuellen Relativierungen ranghoher Kirchenvertreter dazu führen können, den Missbrauchsskandal in seiner Größe und Bedeutung zu relativieren.

Seien wir also sehr wachsam, vor allem in unseren Pfarreien und Gemeinden. Denn – auch das gehört zur Wahrheit des Missbrauchsskandals: Zu oft haben in unseren Pfarreien und Gemeinden viele Menschen viele Dinge geahnt, gewusst, verdrängt, abgewehrt bis hin dazu, dass Opfer und deren Familien so bedrängt wurden, dass diese wegzogen, weil sie nicht mehr in der Lage waren, diesem öffentlichen Druck standzuhalten.

All das war allzu oft bekannt, aber dennoch schwieg man, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Diesen zutiefst menschlichen Abwehrreflex müssen wir durch unsere innere Haltung endlich überwinden. Nur wenn wir alle eine innere Haltung, eine wirkliche Überzeugung entwickeln, dass sexualisierte Gewalt, egal gegen wen sie sich richtet, nichts, aber wirklich gar nichts in unserer Kirche zu suchen hat, nur wenn wir aus dieser Haltung heraus verstehen, dass Opfer der sexualisierten Gewalt um ihr Menschsein, um ihre Visionen, Träume, Ziele beraubt und sie lebenslang auf brutale Art und Weise gezeichnet und belastet sind, nur wenn wir uns deutlich auch gegen solche Verantwortungsträger positionieren, nur dann werden wir diese Missbrauchskrise, die sich zu einer existentiellen Glaubenskrise unserer Kirche entwickelt hat, vielleicht überwinden.

„Nur tätige Reue heilt alle Wunden; bloße Worte mehren nur den Schmerz!“ Dieses Wort von Adolph Kolping kann dazu vielleicht seinen Teil beitragen.

Es braucht Taten und Gestaltungswillen – es braucht Menschen guten Willens, die bereit sind, diese Kirche in einen immer sicheren Ort für alle Menschen zu machen, seien sie noch so vulnerabel. Es braucht Menschen die bereit sind, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, die tätige Reue als Teil dieser, als Teil unserer Kirche definieren und das auch zeigen wollen, vor allem um der Opfer, Betroffenen, Überlebenden Willen.

Daher meine Bitte: Seien SIE der Eckstein der dafür sorgt, dass Missbrauch nicht länger Teil unserer Gegenwart und Zukunft ist. SIE – WIR – ALLE GEMEINSAM, können ihren Teil zu dieser tätigen Reue beitragen – SIE – WIR – ALLE müssen es nur wollen!

Johannes Norpoth





 

 

Related Posts