Waidhofer, Jungen stärken

Eduard Waidhofer, Jungen stärken,
So gelingt die Entwicklung zum selbstbewussten Mann
Verlag fischer & gann, Munderfing

Dr. Eduard Waidhofer ist Psychologe und Psychotherapeut in eigener Praxis. Außerdem ist er Autor von dem Buch „Die neue Männlichkeit“:
https://kath-maennerarbeit.de/waidhofer-die-neue-maennlichkeit/

Durch das Buch Jungen stärken möchte der Autor nach eigenen Angaben Eltern, Pädagogen und Lehrkräfte dabei unterstützen, einen klaren Erziehungsstil zu entwickeln und umzusetzen. Männlichkeitsbilder seien für Jungen nicht mehr so eindeutig wie früher. Es gebe eine Vielzahl von gelebten Männlichkeiten. Außerdem benötigen wir anstelle von problembehafteten Bildern positive Bilder des Lebens von Jungen.

Das Buch gliedert sich in verschiedene Kapitel. In dem ersten mit dem Untertitel „Auf der Suche nach der Männlichen Identität“ fragt der Autor „Was müssen Jungen lernen?“. Die Antwort lautet, dass sie u.a. die Übernahme der eigenen Geschlechtsrolle, die Akzeptanz von körperlichen Veränderungen sowie die Entwicklung einer eigenen Identität und eigener Ziele bewältigen müssen. Dies sind sicherlich nicht nur Entwicklungsaufgaben für Jungen. Was macht es also für Jungen schwieriger? Jungen brauchen positive männliche Leitbilder, damit sie ihre männliche Identität entwickeln können: an erster Stelle den Vater. Das herkömmliche Männlichkeitsideal verbietet es unseren Jungen, Überforderung, Unsicherheit, Angst und Hilflosigkeit auszudrücken. Vielmehr reagieren sie häufig mit Unruhe und Aktivität nach außen. Wie entwickelt sich eine eigene männliche Identität? Da in fast allen Beziehungsbereichen Frauen dominieren und Männern als reale Rollenvorbilder oft fehlen, ist die Entwicklung der männlichen Identität nicht immer direkt über die Auseinandersetzung mit dem eigenen Vater möglich. Für den Autor gipfelt das Ganze dann in einer „modernen Männlichkeit“: in der Familie als Vater präsent sein, keine Orientierung an Leistung und Besitz, mich selbst zu lieben und wertzuschätzen. Ein weiteres Kapitel behandelt das Thema Jungen und ihre seelische und körperliche Gesundheit. Viel Platz wird in dem Buch dem Bereich „Elterliche Stärke statt Macht“ eingeräumt. Eltern können Kinder nur begleiten und unterstützen, damit sie ihre Fähigkeiten, Neigungen und Kompetenzen entwickeln können. Regeln und Vereinbarungen sind wichtig, müssn abert immer wieder flexibel der Situation angepasst werden. Klare Ansagen brauchen nicht nur deutliche Worte, sondern auch klare Körperhaltung und Blickkontakt. Damit Eltern als stark erlebt werden, ist es notwendig, dass sie klare und verlässliche Grenzen setzen. Und: Eltern sollten an den Interessen der Kinder Anteil nehmen. Das alles gilt für mich auch in der Kommunikation von Eltern mit Mädchen, vielleicht aber Jungen umso mehr. Nach einem weiteren Kapitel „Jungen und Schule“ geht es weiter mit dem Thema „Jungen und Gewalt“. Täter und Opfer von Gewalt sind mehrheitlich männlich. Gewalt ist in Zusammenhang mit Männlichkeitsbildern zu sehen, mit Dominanz- und Konkurrenzgebaren. In einem Exkurs am Ende des Buches „Jungenarbeit – Impulse für SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen“ geht es u.a. um Ziele von Jungenarbeit: Aufgreifen der vielfältigen Lebenswelten der Jungen, ihre Themen und Fragen. Im letzten Kapitel mit der Überschrift „Ausblick“ werden die Herausforderungen für Väter „Männer sind herausgefordert, ihren Jungen eine authentische Männlichkeit vorzuleben“ sowie Pädagogen „Ihnen stellt sich die Frage, Was brauchen Jungen, um ihre männliche Identität gut entwickeln zu können? Postuliert. Eine Liste mit Anlaufstellen und Adressen ergänzt das Buch. Bemerkenswert sind kurze Zusammenfassungen in dem Buchmit der Überschrift „Elterncoaching“, beispielsweise 5 Wege, ein guter Vater zu sein, Tipps zur Stärkung der Vater-Sohn Beziehung oder so stärken sie die Beziehung zu ihrem Kind.

An vielen Stellen bleibt für mich das Buch zu wenig vertiefend. Außerdem erschließt sich mir nicht, wieso den Themen Suizid und Alkohol ein so breiter Raum eingeräumt wird. Das aktuell so wichtige Thema “Umgang mit Medien/Computer” wird unter den Stichworten “Faszination Computerspiele”, “Gewalt in den Medien”, “Smartphone” , “Cybermobbing” und Anregungen zur Stärkung der Medienkompetenz behandelt. So ist für mich das Buch zu sehr aus der Sicht eines Therapeuten geschrieben (Problem- und Defizitorientierung) und nicht so sehr aus der Sicht von Eltern. Auch die Impulse für die Jungenarbeit bleiben im Konkreten unbeantwortet. Das Buch stellt eine Einführung dar, enthält für mich aber wenig Neues auf dem Gebiet. In dem Bemühen, Vielen vieles zu bieten, bleibt es oft doch zu allgemein.

Jürgen Döllmann

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