Mannopoly, Kerle Kulte.

Projektgruppe Mannopoly, Kerle Kulte. Inszenierung von Männlichkeit. Archiv der Jugendkulturen Verlag KG. Berlin 2012. ISBN 978-3-940213-70-9. 391 Seiten.

 

Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule Esslingen hatten sich auf den Weg gemacht, um die Männlichkeitsbilder von Männern heute zu erfassen. In einem theoretischen Abriss gibt Prof. Dr. Kurt Möller zunächst eine kurze Übersicht über den derzeitigen Stand der Männerforschung. Darin macht er deutlich, dass das persönliche Verständnis von Mannsein nicht in erster Linie vom angeborenen Geschlecht her definiert wird, sondern sich im Laufe des Lebens – über die eigene Biographie und Einbettung in die Gesellschaft – bildet. D. h. man wird nicht als Mann geboren, sondern man muss seine Männlichkeit selbst herstellen.

Im zweiten Teil folgen die Interviews der Studierenden mit Jugendlichen und jungen Männern an den Orten, wo sie leben. Die Bandbreite überrascht dabei sehr. So kommen Linksautonome, „Emos“, Bodybuilder, Mönche, Gefangene, Feuerwehrleute, Studierende, Jäger, Models usw. zu Wort. Sehr freimütig erzählen sie von ihren Erfolgen und ihrem Scheitern im Leben, ihren Träumen, Hoffnungen und Wünschen. Und sie erzählen, was ihr Mannsein ausmacht und sind sich dabei nicht immer ganz sicher. Durch diese Offenheit bekommt man einen guten Einblick in die verschiedenen Lebenswelten der Männer und Jungs von heute und fängt an zu verstehen und mitzufühlen.

Mit der Fülle der Interviews bleibt der Leser dann jedoch allein gelassen. Am Ende gibt es keine Aufarbeitung, die auf das Gesagte näher eingehen würde. Und so bleibt man mit dem vagen Gefühl zurück, dass es einen zweiten Band bräuchte, um die Interviews soziologisch/ psychologisch greifbar zu machen. Insgesamt ist das Buch allerdings spannend und interessant, um einen Eindruck in die pluralen und teilweise sehr fremden Lebensentwürfe von Männern zu bekommen.

 

Martin Zimmer

 

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