Autonomie – Plan und Wirklichkeit
In diesem Text erzähle ich von meiner Suche nach einem ganzheitlichen Leben und der Kraft der Frage „warum eigentlich nicht?“
Jahreswechsel 2020/2021. Ich brüte über meinem Plan für das neue Jahr. Die Ziele: Vernetzung, Angst vernachlässigen, weiterbilden, Musik und Texte produzieren, Leichtigkeit. Unter den Vorhaben tummeln sich Punkte wie „Lehrplan für meine Gitarrenschüler*innen“ (sehr dringend), „Zahnarzt“ (weniger dringend) oder „Konzerte spielen“ (Post-Lockdown). In den Vortagen hatte ich mit meiner Partnerin Rat gehalten. Wir mussten feststellen, dass 2020 verdammt anstrengend war. Im Februar war unser erster Sohn auf die Welt gekommen, weshalb es als schönes Jahr in unsere Geschichte eingehen wird. Doch es war auch das Jahr, in dem unsere WG zerbrach, in dem wir mit langwieriger Krankheit fertig werden mussten und meine Selbstständigkeit finanziell bröckelte. So ist es, wenn Du selbstbestimmt lebst: es gibt sehr begeisterte Zeiten und es gibt sehr trübe Tage. Doch ist es nicht gerade diese Polarität, die ein lebendiges Gefühl ausmacht?
Das neue Jahr fängt super an. Ich plane Gespräche (Vernetzung), meditiere (Angst vernachlässigen), lese über Balkongärtnern (weiterbilden), bringe zwei Lieder zu Ende (produzieren) und spiele mit meinem Sohn (Leichtigkeit). Dazu gesellen sich Zweifel: Arbeite ich zu wenig oder will ich zu viel? Bin ich effizient oder ist gerade Effizienz der tiefere Kern des Übels? So ist es eben, wenn ich meinem eigenen Weg folge.
Dieser Weg begann 2014 mit der Frage: Warum gibt es Naturschutz? Könnte die Landwirtschaft nicht auch gleichzeitig Naturschützer sein? Folgerichtig studierte ich Agrarwissenschaften. Abgestoßen von den Realitäten der modernen (Bio-)Landwirtschaft, fragte ich mich wiederum, wie ich meinen zentralen Wert der „Fürsorge um die Schöpfung“ weitergeben und gleichzeitig mit Muse und Leichtigkeit leben könnte. Die Antwort war offenkundig, doch brauchte ich meine Freundin, die sagte: „Und warum versuchst Du dann nicht einfach Musiker zu werden?“
Ja, und genau das habe ich dann getan.
Schreibe Dir einmal selbst auf:
Welche übergeordneten Themen sind Dir dieses Jahr wichtig? Was sind Deine Ziele?
Hänge den Zettel über Deinen Schreibtisch oder klebe ihn in Deinen Terminkalender. Nach Möglichkeit sprichst Du darüber auch mit einem Freund oder einer Freundin.
Und wenn Du noch ein bisschen Mut brauchst, lies einmal das Gedicht „Noch bist Du da“ von Rose Ausländer. Du findest es auch im Internet.
Autor: Martin Prömper
(Das Foto zeigt ihn im Online-Unterricht im ersten Lockdown: Planänderungen bleiben nicht aus.)