Fastenimpuls -2. Fastensonntag

Opferstätte. Hören

 

„Er hätte es getan.“ Eigentlich unfassbar. Da will ein Vater seinen Sohn töten. Mit dem Messer, direkt in den Leib. Als Opfer. Weil er es gut findet. Wir haben uns an diese Geschichte männlicher Gewaltbereitschaft gewöhnt. Das steht da halt. In der Bibel, im Alten Testament. Abraham ist Gott so gehorsam, dass er ihm seinen Sohn Isaak opfern will.

 

Sind Männer so? Opferwillig? Gehorsam? Mitleidvergessen? Ich fürchte: ja, auch heute noch. Mehr als uns lieb ist. Zwar nicht so direkt und brutal wie Abraham. Aber doch immer wieder „passiert“ es uns. Dass wir etwas opfern. Aufopfern. Und wenn wir es selber sind, die wir uns opfern. Für eine Aufgabe. Für ein Ziel. Für einen Auftrag. Als „Opfer“ sehen wir es vielfach nicht. Weil wir es nicht merken. Weil wir uns nicht dafür verantwortlich fühlen. Weil es Teil unseres Alltags ist. Weil es selbstverständlich ist, das zu tun, wofür wir bezahlt oder anerkannt werden. Wir erbringen eine Leistung. Wir verfolgen ein Ziel.

 

Wir alle? Wie Abraham? Wenn wir ehrlich sind, kennen wir vermutlich solche „Opferstätten“ – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn. Moderne Opferstätten wie Büros, Baustellen, Werkshallen, Konferenzräume, … wo Männer ihre Persönlichkeit, ihre Lebenszeit, ihr Gewissen, ihre Empfindsamkeit, ihre eigene Meinung, ihren Anstand, ihr Gefühl für die Folgen ihres Tuns „vergessen“; wo sie sich einem höheren Ziel „zur Verfügung stellen“; von einer Idee „beseelt“ sind; sich als „Teil eines Ganzen“ empfinden; ihren „Auftrag“ erbringen … Bis der Einschnitt kommt.

 

Ja, der unterbrechende Einschnitt: Das Projektende, der Burnout, die Versetzung, die Abwahl, der Berufsaustritt, die Krankheit, die Scheidung, …. Wo Männern etwas widerfährt, das plötzlich dieses „ein Ziel verfolgen“, dieses „Aufopfern für eine Sache“, diese „Hingabe an einen Auftrag“ in Frage stellt. Radikal in Frage stellt.

 

Und das soll ein „heiliger Ort“ sein? Der Ort der Unterbrechung? Der Ort der Niederlage? Der Ort des Scheiterns? Ja!

Ja. Wenn die „Opferstätte“ zum Ort der Umkehr wird. Wo uns ein Impuls von außen unterbricht und zur Besinnung bringt. Wo ein Impuls von außen uns abhält, die Dinge weiter zu tun. Wo uns ein fremder Impuls zur Rettung wird. Das ist ein Ort des Heils, ein heiliger Ort! In der Geschichte des opferwilligen und Mitleid-vergessenen Abraham ist es ein Engel, der eingreift: „Nimm den Widder. Gott will kein Menschenopfer.“ Religionsgeschichtlich ist das eine ziemlich deutliche Umkehr. „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer“ heißt es schon 800 Jahre vor Christus im Buch Hosea 6,6. Gott will kein Opfer!

 

Und biografisch?

Ich lade ein, sich in den nächsten Tagen an Orte und Situationen zu erinnern, bei denen sich etwas gewendet hat, an denen eine Erlösung geschah – meistens von außen. Und diese Umkehr wertzuschätzen.

  • Wo oder was war meine Opferstätte? Wo war ich bereit oder dabei, ein Opfer zu erbringen?
  • Wo war ich bereit, etwas mir Wichtiges, gar mein „Liebstes“ einer Sache zu opfern? Vielleicht ohne dass ich es bemerkte?
  • Wer oder was war mein „Engel“, der mich unterbrach und abhielt?
  • Wo wurde mir ein Ort, eine Situation, zu einem „heiligen Ort“ der Umkehr?
  • Wo ist mir etwas wiederfahren, das mich zu einer Umkehr veranlasste? Wo musste ich erst „hören“, um zu mir zu kommen?

Wo ging es mir wie Abraham? „Er hätte es getan.“

 

Autor: Dr. Hans Prömper

 

Biblischer Text: Genesis (1. Buch Moses) 22,1-18

Dort: „Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten. Da rief ihm der Engel des HERRN vom Himmel her zu und sagte: (…) Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus und tu ihm nichts zuleide!“

 

 

Zum Weiterlesen

Navid Kermani, Opfer. In: Ders., Ungläubiges Staunen. Über das Christentum. München 2015, S. 199-203.

Kermani schreibt dort zu diesem Gemälde des Caravaggio „Die Opferung Isaaks“ (1602-03) u.a.:

„Er hätte es getan. Lange fand ich das Ungeheure, das Abstoßende, das Bedrohliche des Glaubens – des Glaubens an nur einen Gott – im zweiundzwanzigsten Kapitel des Buches Mose zwischen dem zweiten und dem dritten Vers. (…) im Abgrund der Gefühllosigkeit. (…) Kein Zögern, kein Nachfragen, keine Bekümmernis um den Sohn, kein Mitleid mit seiner Frau, keine Rücksicht überhaupt auf ein irdisches Urteil. Er hätte es ohne Wimpernzucken getan. (…)

[…] ich behaupte weiter, dass die Geschichte von der Abschaffung des Menschenopfers erzählt, die für den Glauben an den einen Gott unabdingbar ist. Nicht, dass er es getan hätte – dass er es nicht tun durfte, ist ihr Kern.“

 

 

 

Ein Angebot zur Ergänzung:

Klostertage für Männer bei den Benediktinern auf dem Jakobsberg bei Bingen

Besinnung und Selbstfindung im Rhythmus der Mönche

 

Bei den Benediktinern auf dem Jakobsberg nehmen wir an den Stundengebeten teil. Dazwischen ist Zeit für Gespräche zur Spiritualität und Lebensgestaltung von Männern heute.

Der andere Zeitfluss des „ora et labora“ bietet die Chance, sich auf das persönlich Wichtige zu besinnen – gerade in der Zeit vor Ostern. Für die Gruppengespräche stehen Dr. Prömper als Leiter und bei Bedarf ein Benediktiner zur Verfügung. Themenabsprache ist im Vorfeld per E-Mail möglich. Die Klostertage sind eine gute Ergänzung der spirituellen Fastenimpulse für Männer per E-Mail, denn sie werden das Oberthema 2018 „Mein heiliger Ort … spürbar anders“ in der inhaltlichen Gestaltung aufgreifen.

 

Termin:                Freitag, 23. März 2018, 18:00 Uhr – Sonntag, 25. März 2018, 14:00 Uhr

Leitung:               Dr. Hans Prömper

Ort:                       Kloster Jakobsberg, 55437 Ockenheim (www.klosterjakobsberg.de)

Kosten:                165 € Teilnahmebeitrag (inkl. EZ u. VP)

Veranstalter:     Bischöfliches Ordinariat Mainz, Referat Erwachsenenseelsorge

Veranstaltungsnummer:              18EWS043

Anmeldung:       Bischöfliches Ordinariat, Referat Erwachsenenseelsorge, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz

E-Mail:                 ews-anmeldung@bistum-mainz.de

Telefon:               06131 253264

Fax:                       06131 253586

Internet:             https://erwachsenenseelsorge.bistummainz.de/detail/klostertage-fuer-maenner/26119c76-79b9-43ad-90c0-b621ef6b39ff?mode=detail

 

 

 

 

 

 

 

 

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