Karfreitag “Ich bin es – Leid annehmen”

Montag morgen, 8.10 Uhr. Meine Woche beginnt mit einer Meditation im Sitzen, im kleinen Kreis von innehaltenden Menschen wie du und ich.

„ … Spüren Sie Ihre Auflageflächen auf dem Boden, auf dem Schemel:  die Füsse, die Knie, das Gesäß  …  Lassen Sie Ihren Atem ein . . . und  aus, …“    Das wird mein Anker. Heute, hier und jetzt.    . . .

Ich habe mir zu viele Aufgaben genommen, zu viele Pflichten . . .  Jetzt spür’ ich’s, mir drückt es die Schultern zusammen, der Fluss im Kopf findet schwere Ruhe, ich schmecke die Missempfindung:  ein Übermaß an Haltung, Gehalten-Sein.

„Halt an  –  und spüre mich!“

„Fasten“ geht mir dazu innen auf:   Nimm ‚fast’ so viel.  Sei sparsamer und genügsam mit deinen Aufgaben.     Faste an Pflichten!     Lass’ den Nicht-Pflichten ihren Raum.

Lass‘ Frei-Raum da sein, den Geschmack von Innehalten und Zusammenstehen, von Kultur und Können, von Freiheit und Abenteuer.   Lass‘ auch etwas an dir vorüberziehen:

Halt an  –  und spüre etwas von den Nicht-Pflichten-Schichten.

 

„Ich bin es“  sagt Jesus in Joh. 18, als die Söldner um Judas auf ihn zutreten und ihn bedrängen. „Wenn ihr mich sucht, dann lasst diese (die anderen Jünger) gehen.“

„Ich bin es“ – das gilt auch mir. Auch wenn meine Mission ungleich irdischer ist als die eines Jesus von Nazareth.  Was – ist denn meine Mission?  Eintreten für ein menschengemäßes, ein ‚gottgefälliges’ Maß im Umgang mit sich und der Welt?

„Ja, ich bin es“  –  niemand außer mir kann das für sich vertreten und bezeugen.

Ich kann das nicht zuständigkeitshalber delegieren, nein:  ich bin gefragt.

Oder soll der Hahn auch für mich krähen, schon bei der dritten Anfrage?

 

Nein  –  ich will kein Helden-Epos bauen; nicht die Angst verheimlichen, wenn ich ein öffentliches ‚Ich-bin-es’ bezeuge.  Aber ich will auch auf diesen Preis schauen: den Zoll, den ich zahle, wenn ich es nicht tue. Wenn ich nicht mehr als nur konform gehe mit den Aufgaben und ‚Gelübden’, die auf der öffentlichen Rangliste gerade ganz oben stehen.

Ich bin es also – niemand anders. Das hilft, ‚ich selbst’ und bei mir zu bleiben. Es auszuhalten, als Ich einen Unterschied zu machen; mich dem Leid zu stellen, dem eigenen wie dem fremden.  Anzuhalten, und das zu spüren.  Und wenn’s gut läuft, die Spannung daraus schöpferisch zu wenden, aus Lust am Leben!   …

 

Der Gong tönt, wir waren still geworden, werden wieder alltagslaut. Ja, ein paar Glieder schmerzen. Die Stille und der atmende Körper und die Gemeinschaft waren Freund und Lehrmeister. Die Woche fängt ja gut an.

 

Dr. Manfred Jehle, München

Text: Joh. 18,1-19,42

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