Aschermittwoch, Beginn der Fastenzeit, ich werde gebeten, einen Text zu schreiben. „Mich loslassen – und andere Formen des Betens.“ Bei den Bibelversen für diesen Tag entwickle ich keinen Schreibimpuls. Stattdessen schießt mir der Anfangssatz einer Fernsehwerbung für Slipeinlagen in den Kopf: „Komm schon, lass los!“. Dazu kann ich unmöglich einen Fastenimpuls schreiben. Mir fällt eine Geschichte ein.
„Du musst ihn loslassen!“ drängt die Erzieherin mich. Tränen laufen über seine Wangen. Seine Augen sehen mich an. „Geh jetzt nicht“, sagen sie mir. Ich kann meinen Sohn jetzt unmöglich loslassen. Noch nicht.
Wenn ich jetzt loslasse, setze ich die sichere Bindung, die ich in den letzten Jahren aufgebaut habe, aufs Spiel. Ich entscheide mich fürs „Dableiben“. Nach dem Vorlesen seiner Lieblingsgeschichte stehen wir wieder an der Pforte des Kindergartens. Wieder kullern dicke Tränen über seine Wangen. Die Erzieherin kommt energisch auf mich zu. „Du musst ihn einfach loslassen!“ Kann ich ihn „einfach loslassen“? Seine Tränen stechen mir ins Herz.
Diese tägliche über mehrere Monate andauernde Prozedur ist anstrengend, doch irgendwann bleibt er im Kindergarten. Die Ablösung vom Vater hat geklappt.
Vielmehr noch, denn bereits als Sechzehnjähriger verlässt er seine geliebte Heimat, um an einem Filmgymnasium seine Schullaufbahn fortzusetzen. Ich kann ihn gut gehen lassen. Vor seinem Umzug nach Potsdam steht er vor mir, mit Tränen in den Augen, wie damals an der Kindergartenpforte.
„Ich kann gehen, Papa, weil ich ganz sicher bin, dass du immer bei mir bist!“
Karfreitag wird „Gottvater“ seinen Sohn „einfach loslassen“ müssen. Jesus wird gehen, weil er sich, trotz aufkeimender Zweifel sicher sein kann, dass Gott jederzeit bei ihm ist.
Beim Schreiben entwickle ich einen Impuls für die diesjährige Fastenzeit. Ich werde mich ernst nehmen. Ich werde für mich da sein. Ich werde mich in den Arm nehmen. Immer wieder, ganz fest. Dann kann ich mich, auch wenn es schmerzt, vielleicht „einfach“ loslassen.
Thomas Hölscher
Ein Angebot zur Ergänzung:
Aus-Zeit für mich. Männerwochenende Kloster Jakobsberg 11.-13.04.2025 (Palmsonntag)
„Mich loslassen – und andere Formen des Betens“
Wie ist das für mich mit meiner Haltung zum Leben? Zwischen Tun und Lassen, zwischen Kontrolle und Loslassen, zwischen Machen und Warten Können? Welche Formen des Innehaltens passen zu mir? Was ist meine Sprache und Haltung der Offenheit dem Leben gegenüber?
Das Wochenende auf dem Jakobsberg bietet Impulse für Geist und Seele. Es geht um Austausch und Eigenzeiten. Offene Gespräche unter Männern wechseln mit Spaziergängen und Besinnung. Es gibt Raum für Stille, Natur, auch gemeinsames Beten.
Elemente sind
- Gesprächsrunden mit anderen Männern – zu Lebensfragen und Spiritualität
- Angeleitete Eigenzeiten zur Selbsterkundung – zwischen Konflikten und Wünschen
- Spaziergänge und Impulse für Geist und Seele – Texte, Gedichte und Gebete, Natur, vielleicht auch gemeinsames Sprechen und Singen, stille Zeiten
Die Klostertage sind eine gute Ergänzung zu den spirituellen Fastenimpulse für Männer per E-Mail, an deren Thema sie sich orientieren.
Termin: Freitag, 11.04.2025 (Abendessen) – Sonntag, 13.04.03.2025 (Mittagessen)
Leitung: Dr. Hans Prömper, Erwachsenenbildner und Theologe, Universität des 3. Lebensalters Frankfurt
Ort: Kloster Jakobsberg, 55437 Ockenheim (www.klosterjakobsberg.de)
Veranstalter: Institut für Spiritualität, Bistum Mainz (Kurs Nr. 25IFS0411)
Kosten: Kursgebühr: 50 €
zzgl. Verpflegung, EZ – Du/WC: voraussichtlich 161,00 €
Teilnehmer aus dem Bistum Mainz können einen Zuschuss erhalten. Bei niemand sollte die Teilnahme an den Kosten scheitern – bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.
Anmeldung: Institut für Spiritualität, Himmelgasse 7, 55116 Mainz
E-Mail: institutfuerspiritualitaet@bistum-mainz.de
Telefon: 06131-253-437