Siegfried Modenbach, Wer mit Segen sät, wird mit Segen ernten. Segensfeiern für Liebende,
Paderborn (Bonifatius) 2020
So gerade heraus wie der Titel des Buches, das 2 Kor 9,6 zitiert, ist auch das gesamte Buch des Pallotinerpaters Siegfried Modenbach. „Wer mit Segen sät, wird mit Segen ernten.“ Der Titel ist Programm. Der Segen für Paare, die nicht sakramental heiraten können, nämlich gleichgeschlechtliche Paare und heterosexuelle Paare, von denen mindestens eine(r) der beiden schon einmal kirchlich verheiratet war, liegt dem Autor nicht nur am Herzen. Modenbach sieht sich geradezu außer Stande, Paaren einen solchen Segenswunsch zu verweigern.
Jeweils drei gottesdienstliche Feiern einschließlich Predigten werden präsentiert, die das konkrete Paar, das seine Beziehung segnen lassen möchte, durchscheinen lässt. Aber die Segensrituale haben auch exemplarischen Charakter. So gelingt es Modenbach, Persönliches mit Grundsätzlichem zu verbinden. Bereichert durch passende Texte aus der Literatur, ohne in irgendeiner Weise pathetisch zu wirken oder gar kitschig, versteht es der Autor, dem Segen für die Paare eine warme und persönliche Note zu geben, die dem, was die Paare miteinander vorhaben, konkret gerecht wird. Im Mittelpunkt steht der Weg, den zwei Menschen, die um den Segen bitten, miteinander gehen wollen. Einen gemeinsamen Weg wollen sie gehen, bei dem sie sich wie bei einer Seilschaft der gegenseitigen Unterstützung versichern und bei dem es besser ist, man geht ihn gemeinsam, und nicht allein (in Anlehnung an Koh 4,9). So schlicht konkret ist das mit der Partnerschaft in Modenbachs Augen.
Vor seinen Segensvorschlägen analysiert Modenbach jedoch theologisch, dass biblisch gesehen die Verweigerung von Segen meistens einen Fluch für die Betroffenen nach sich zieht. Für ihn als Seelsorger kann es deshalb nur eine Option geben, wenn Paare um einen Segen für ihre Verbindung bitten: den Segen von Gott zu erbitten.
Nach der Lektüre der Vorschläge für Segensfeiern stellt sich vordergründig die Frage, was – in Gottes Namen – eigentlich dagegenspricht, Menschen das Sakrament der Ehe (erneut) zu spenden, Geschiedenen wie auch gleichgeschlechtlichen Paaren? Das Dilemma, in dem sich Kirchenrecht und Sakramententheologie befinden, fasst Modenbach für geschiedene Menschen, die für ihre neue Verbindung um den Segen bitten, treffend zusammen: „Selbst wenn man sagen kann, dass durch die liebende Verbindung von Mann und Frau eine zweite sakramentale Ehe de facto bereits geschlossen wurde, so wird ihr doch durch die katholische Kirche die Anerkennung verweigert.“ (S. 32) Die Erstarrung des gängigen Sakramentenverständnisses wird so gesehen der ethisch hochwertigen Lebenspraxis der Liebenden nicht gerecht.
Die Schönheit, anders ist es nicht zu beschreiben, der Vorschläge für Segensfeiern lassen aber auch noch einen anderen Gedanken aufkommen. Eine der gewählten Segensformeln (besonders gelungen: Priester spricht z.B. den Satz: „Du bist Güte, du bist Treue“ und die Gemeinde spricht gemeinsam: „Segne N. und N.“ (S. 100); dies wird litaneiartig mit anderen, gut gewählten Sätzen einige Male wiederholt, also hier bittet die ganze Gottesdienstgemeinde um den Segen für das Paar) würde sich manches Paar bei einer sakramentalen Eheschließung auch wünschen, weil sie so stimmig sind. Sie leuchten geradezu durch Empathie, Freundlichkeit und Kenntnis der jeweiligen Lebenssituation, ohne „aus dem Nähkästchen zu plaudern“, (was nicht selten peinlicherweise bei Hochzeitsfeiern geschieht). Gebraucht wird eine poetische und gleichzeitig solide Sprache, eigentlich also alles, was ein Paar bei einer solchen Feier als passend empfinden muss. Die Frage, die sich nahezu aufdrängt, ist also folgende: Ist vielleicht der Segen die zeitgemäßere Form der rituellen Besiegelung einer Paarverbindung? Ist das theologische Ringen darum, ob auch beispielsweise eine gleichgeschlechtliche Verbindung Sakrament sein könne, bereits eine anachronistische Auseinandersetzung? Mit anderen Worten: die Segensfeiern, die Modenbach hier präsentiert, sind keine Formen, denen etwas fehlt, sondern ganz im Gegenteil: sie drücken ein Mehr aus, das jede Form des auf Dauer angelegten Liebens zweier Menschen schon in sich trägt: eine Verheißung und eine Hoffnung. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Was schon ein Sakrament eo ipso nicht bewirken kann, nämlich die lebenslange Dauer der Liebe zwischen zwei Menschen, kann aber vielleicht ein Segensritual, das den Wechselfällen des Lebens einen realistischeren, jedoch eben auch hoffnungsvollen Ausdruck verleiht.
Die aufwendige Gestaltung des Buchs ist der eines Benediktionales angeglichen (roter Einband, rot-schwarze Textgestaltung und Texttype, Lesebändchen), vermittelt dadurch durchaus einen – berechtigten – selbstbewussten Habitus des Autors, und ist angereichert durch geschmackvolle farbige Fotos vor jedem Segensvorschlag. Nur die Titelgestaltung in schülerhafter Schreibschrift erschließt sich keiner Logik. Sollte etwa durch diese Schrifttypenwahl der exemplarische Charakter des Inhalts etwas relativiert werden? Das hat der hervorragende Inhalt keinesfalls nötig.
Nicht nur hilfreich und anregend für alle, die Paaren einen Segen spenden möchten, ist dieses Buch, es macht auch Hoffnung, wenn ein Priester der katholischen Kirche ein solches Buch verfasst. Hier kann deutlich werden, dass die Kirche vielfältig und bunt und durchaus in der Lage ist, Widersprüche auszuhalten. Wenn ein solches Buch noch dazu so ausgezeichnete Vorschläge für Segensfeiern für Paare macht, kann es um die Zukunft einer einfühlsamen und menschenwürdigen Seelsorge nicht schlecht bestellt sein.
Dr. Andreas Heek, Leiter der Arbeitsstelle für Männerseelsorge der deutschen Bischofskonferenz und Koordinator der Arbeitsgemeinschaft für LSBTI*-Pastoral in den deutschen Diözesen
Stichworte: LSBTI, Kirche und Theologie, Gottesdienst