Fünfsinn / Mayer (Hrsg.), Gender und religiöse Bildung weltweit.

Bärbel Fünfsinn, Gabriele Mayer (Hg.), Gender und religiöse Bildung weltweit. Biografische Einsichten. Lembeck, Frankfurt a.M. 2009. ISBN: 978-3-87476-604-3, 192 Seiten.

 

Wenn das Thema Gender u. Geschlechtergerechtigkeit hierzulande im kirchlichen Kontext diskutiert wird, dann geschieht dies primär auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklungen in Deutschland, zuweilen noch erweitert durch eine europäische Perspektive. So verständlich diese Fokussierung auch ist, weil es um Veränderung von Geschlechterverhältnissen und -kulturen „vor Ort“ geht, so verdeckt diese Einengung den Blick dafür, dass auch in anderen Teilen der Welt sich kirchlich engagierte Frauen und Männer für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Solche kommen in dem vorliegenden Band mit ihren Erfahrungen, ihren theologischen Einsichten und ihren Hoffnungen auf gerechte Geschlechterverhältnisse in ihren Kirchen und Gesellschaften zu Wort. Es sind Menschen aus Asien, Afrika, Lateinamerika, ergänzt durch Berichte aus Europa. Die Autoren vorab erhielten vier Leitfragen: Wie wurden Sie als Kind zur Frau, zum Mann erzogen? Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Ihrem Selbstverständnis als Frau, als Mann und Ihrer Gottesvorstellung? Wie kamen Sie dazu, sich für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen? Von welcher Kirche träumen sie? Auf diese Weise entstanden biografisch dichte Erfahrungsberichte, die zugleich authentische theologisch reflektierte Glaubenszeugnisse sind. Es wird sichtbar, wie prägend und beharrend in den jeweiligen Ländern die traditionellen Geschlechterkulturen mit ihren patriarchal-hierarchischen Strukturen sind, wie mühsam und nicht zuletzt von Widerständen gerade auch in einzelnen Kirchen begleitet daher Umdenk- und Veränderungsprozesse zu mehr Gerechtigkeit im Verhältnis der Geschlechter in Gang kommen. Davon erzählen auch die Männer in diesem Buch, die die Geschlechterkulturen ihres Landes mit ihren Männerprivilegien und ihre eigene Rolle darin aus einer pro-feministischen Haltung kritisch hinterfragen. Welchen Gewinn nun Männer aus einer veränderten Kultur im Verhältnis der Geschlechter ziehen können, bleibt leider weitgehend in diesen Berichten ausgespart. Es ist eine Stärke dieses Buches, dass die Herausgeberinnen Männer und Frauen in einer ausbalancierten Weise für die Artikel gewonnen haben. Dass der Einsatz für mehr Geschlechtergerechtigkeit aus christlicher Verantwortung eine gleichermaßen von engagierten Männern und Frauen getragene Aufgabe sein sollte, wird so auch in einer weltweiten Perspektive spürbar und erlebbar. Warum dies so ist, sagt Samuel A. Nyampong aus Ghana: Das befreiende „Handeln Gottes sollte unsere Haltung anderen Menschen gegenüber so beeinflussen, dass wir erkennen, wir sind alle gleich und brauchen Gottes Gnade“. (S.105)

 

Andreas Ruffing

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