Wienforth, Professioneller Habitus in der Jungen_arbeit

Jan Wienforth, Professioneller Habitus in der Jungen_arbeit, Budrich UniPress, Opladen 2015UmschlagWienforth.indd

Jan Wienforth beschreibt und untersucht in seinem Buch, an welchen Konzepten und Theorien, aber auch an welchen Haltungen und Rahmenbedingungen sich Fachkräfte der Jungenarbeit orientieren. Die Intention von Jungenarbeit ist, Männlichkeit in vielfältigen Ausprägungen zu fördern statt Geschlechterstereotype zu reproduzieren – und sie scheitert dabei oftmals an ihrem eigenen Anspruch. Hier setzt der Autor an und untersucht, an welchen Theorien, Konzepten, Haltungen und Rahmenbedingungen die Fachkräfte in der Praxis der Jungenarbeit ihr Handeln orientieren.

 

Worum geht es dem Autor? Zunächst möchte er erforschen, an welchen Denk- und Handlungsmustern Fachkräfte der Jungenarbeit ihre Arbeit ausrichten. Zunächst stellt er in einem Kapitel -theoretische Grundlagen- übersichtsartig einzelne verschiedene Ansätze wie Geschlecht als kulturelle Konstruktion, Doing Gender oder dekronstruktivistische Ansätze vor. Dies geschieht übersichtsartig – teilweise in einer sehr knappen Skizzierung.

Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, aus welchen zentralen Komponenten sich Habitus zusammensetzen und inwieweit sich implizite und explizite Ziele decken. Es finden sich einerseits Orientierungen, die – unbewusst oder intendiert – bestehende, heteronormative Männlichkeitskonstruktionen zu reproduzieren vermögen und nur bedingt professionellen Standards entsprechen. Andererseits finden sich Orientierungen, die sich explizit von der Reproduktion bestehender Geschlechterkonstruktionen abgrenzen, auf Diversifizierung von Männlichkeiten abzielen und gleichzeitig als sehr professionell und reflexiv einzustufen sind. Abschließend gibt der Autor erste Impulse dafür, wie sich diese Ergebnisse in Praxis und Theorie niederschlagen könnten.

 

Im Fazit wird für den Autor deutlich, dass Jungenarbeit in erster Linie als Gruppenarbeit verstanden wird und in der Einschätzung hohen Relevanz der Rolle männlicher Fachkräfte. Das entscheidende Ergebnis der Studie: Professionelle Orientierungen zur Jungenarbeit können großes Potential zur Reproduktion bestehender, heteronormativer Geschlechterkonstruktionen haben. Für den Autor folgert daraus, dass sich Fachkräfte mit ihren eigenen Orientierungen auseinandersetzen und diese selbstkritisch reflektieren müssen. Dazu fordert der Autor Fortbildungs- und Qualifikationsangebote zu Geschlecht und geschlechtsspezifischem Arbeiten. Zum Abschluss wirft der Autor noch weitere Fragen für eine Weiterentwicklung bzw. einem neuen Verständnis von Jungenarbeit auf. Das können Weiterentwicklungen wie beispielsweise die Arbeit mit gesellschaftlichen Anforderungen an Männlichkeit oder Fragen wie ob sich Jungenarbeit nur an Jungen richtet, ob sie nur in geschlechthomogenen Settings stattfinden kann oder nur von männlichen Fachkräften geleistet werden, sein.

Jan Wienforth stellt somit entscheidende Fragen für die Praxis der Jungenarbeit und gibt einige – aus seiner Studie erwachsene- Forderungen und Herausforderungen wieder. Beispielsweise sollte sich hinsichtlich der Professionalisierung Jungenarbeit nicht durch persönliche Motive männlicher Fachkräfte definieren darf. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis rundet das Werk ab.

Jürgen Döllmann

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