Klinger / Böhm/ Franz (Hrsg.), Haushalt, Hauskult, Hauskirche.

Elmar Klinger/Stephanie Böhm/Thomas Franz (Hg.), Haushalt, Hauskult, Hauskirche. Zur Arbeitsteilung der Geschlechter in Wirtschaft und Religion. Echter, Würzburg 2004. ISBN 3-429-02595-8. 125 Seiten, € 14,80.

 

Der vorliegende Sammelband ist die Dokumentation eines Symposions, das im Rahmen des Würzburger Graduiertenkollegs „Wahrnehmung der Geschlechterdifferenz in religiösen Symbolsystemen“ stattfand. Die fünf Beiträge – davon der letzte in Englisch – beleuchten beispielhaft Aspekte des Geschlechterverhältnisses in der Antike. Dabei stand bei dem Symposion der Begriff des Hauses im Mittelpunkt, der damals (im Gegensatz zu heute) nicht nur ein Gebäude bezeichnete, sondern die Großfamilie mit Sklavinnen und Sklaven, die soziale und ökonomische Grundeinheit der Antike. Diese private Sphäre des Hauses war den Frauen zugeordnet, während die Öffentlichkeit den Männern vorbehalten war – aber nicht ausschließlich, wie die fünf Aufsätze zeigen.

  • Silvia Schroer, „Häusliche und außerhäusliche religiöse Kompetenzen israelitischer Frauen“: Schroer zeigt am Beispiel von Totenklage und Totenbefragung auf, wie sich für die Frauen im alten Israel im Umgang mit dem Tod gewisse Freiräume auftaten und so auch die ihnen zugewiesene Sphäre, das Haus, gegenüber der Außenwelt durchlässig wurde.
  • Susanne Pfisterer-Haas, „Attische Vasenbilder als Zeugnisse für die Rolle griechischer Frauen in Ritual und Erziehung“: Vasenbilder aus dem 6./5. Jh. v. Chr., die häusliche Szenen darstellen, geben Einblicke in das damalige Leben der Frauen.
  • Carsten Claussen, „Frühes Christentum zwischen Familie und Hausgemeinde“: Claussen vergleicht die Familien- und Gemeindestrukturen im frühen Christentum mit dem Judentum. Dabei zeigen sich viele Gemeinsamkeiten, z. B. die Existenz von Hausgemeinden und die Glaubensweitergabe im Rahmen des antiken Hauses.
  • Ulrike Wagener, „Verschwenderische Fülle oder haushälterische Vernunft?“: Die Pastoralbriefe zeigen, wie Gedanken der antiken „Ökonomik-Literatur“ auf die christlichen Gemeinden übertragen wurden. Besonders auffällig ist die dabei propagierte streng hierarchische Ordnung: Im Haus hat der Mann das Sagen, und Frauen sollen sich in der Öffentlichkeit zurückhalten. Im Gegensatz zu anderen neutestamentlichen Schriften und wohl auch zur tatsächlichen Stellung der Frauen damals wird damit die heidnische Gesellschaftsordnung unkritisch übernommen.
  • Tal Ilan, „Cooks/Poisoners; Healers/Killers; Religion/Witchcraft“: Ilan zeigt an Beispielen aus dem rabbinischen Judentum, wie Männer und Frauen im selben Tätigkeitsbereich unterschiedlich wahrgenommen werden konnten: So wurde etwa weibliche Religionsausübung eher mit „Hexerei“ verbunden als männliche.

Die Artikel sind durch die Stichworte „Haus“ und „Geschlechterverhältnis“ nur lose miteinander verbunden. Trotzdem vermögen sie in der Zusammenschau das Bild einer Antike, wo Frauen durch das Haus völlig von der Öffentlichkeit abgeschirmt waren, zu korrigieren.

Natürlich wenden sich diese Beiträge zuerst einmal an ein akademisches Fachpublikum mit v. a. bibelwissenschaftlichem Interesse. Beim Lesen legen sich jedoch auch Verbindungslinien zum Heute nahe: Wer definiert die Rollen von Frauen und Männern? Wird vergleichbares Tun von Männern und Frauen unterschiedlich wahrgenommen? Die heutige Esoterikwelle macht deutlich, dass nicht nur in der Antike – wie Tal Ilan zeigt –, sondern nach wie vor viele Menschen mit der Existenz besonderer Kräfte rechnen, die dann besonders Frauen („Hexen“) zugeschrieben werden.

Domäne der Frauen scheint aber auch nach wie vor die Geschlechterforschung zu sein: Vier der fünf Beiträge im Sammelband stammen von Frauen. Hier wäre mehr männliches Engagement wünschenswert.

 

Martin Hochholzer

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