Grün, Kämpfen und Lieben.

Anselm Grün, Kämpfen und Lieben. Wie Männer zu sich selbst finden. Vier-Türme-Verlag, 2. Ausgabe, Münsterschwarzach 2003. ISBN 3-87868-285-9. 189 Seiten, € 16,00.

 

Anselm Grün gehört zweifellos zu den meistgelesenen und auch – was die „Buchproduktion“ angeht – fleißigsten religiösen Autoren der Gegenwart im deutschen Sprachraum. Ein Klick bei amazon.de z. B. ergibt unter seinem Namen alleine schon über 300 Einträge. Zu Männerfragen war Anselm Grün auf dem Buchmarkt bislang noch nicht dezidiert vertreten. Ganz unerwartet freilich kommt sein Nachdenken über heutiges Mannsein im vorliegenden Buch nicht. Schon 1998 beim ersten Männerzentrum auf dem Mainzer Katholikentag hat sich der Münsterschwarzacher Benediktiner dazu in einem Vortrag in einer überfüllten Turnhalle geäußert und seine Zuhörerinnen und Zuhörer gleichermaßen fasziniert. Seine literarischen Gewährsleute zum Thema „Mannsein“ waren damals und sind es auch jetzt im Buch, wie unschwer den im Anhang beigegebenen knappen Literaturangaben zu entnehmen ist, vor allen Dingen die US-Amerikaner Robert Bly (mit seinem umstrittenen Bestseller „Eisenhans“), der inzwischen verstorbene Jesuit Patrick Arnold (mit seinem ebenfalls nicht unumstrittenen Buch „Männliche Spiritualität“) und natürlich der Franziskaner Richard Rohr mit seinen Klassikern „Der wilde Mann“ und „Masken des Maskulinen“.

18 Männer der Bibel porträtiert Anselm Grün in seinem Buch, in denen für den Autor jeweils „gefahrvolle und abenteuerliche Wege des Mannwerdens“ (S. 13) sichtbar werden. In Anlehnung an die Archetypenlehre von C. G. Jung ordnet er jedem der biblischen Männer ein bestimmtes archetypisches Bild zu (darunter auch die in der Männerarbeit oft verwandten Archetypen Krieger, Magier, Liebhaber und König), das in der jeweiligen Gestalt erzählerisch besonders zum Vorschein kommt. Es sind die „üblichen Verdächtigen“, die Anselm Grün seinen Leserinnen und Lesern vorstellt: Adam, die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob, Josef, Mose, Simson, David, Salomo, Jeremia, Elija, Ijob, Jona, Petrus, Paulus, Johannes der Täufer, Johannes und als Abschluss und Höhepunkt Jesus, „der alle bisher beschriebenen Archetypen in sich vereinigt“ (S. 168). Schade eigentlich, denn die Bibel kennt nun doch weitaus mehr spannende Männergestalten als die, die wie etwa Abraham, Mose und David immer wieder von neuem genannt und beschrieben werden. Da hätte ich mir von Anselm Grün eine etwas originellere Auswahl gewünscht.

Der Titel des Buches macht bereits deutlich: Für Anselm Grün spielt sich männliches Leben wesentlich zwischen den beiden Polen „Kämpfen“ und „Lieben“ ab. Kraftvolles und authentisches Mannsein gelingt für ihn daher immer dort, wo beide Aspekte gut ausbalanciert in die jeweiligen Lebensvollzüge der Männer integriert sind. So erteilt er dem „Softie“ genauso eine Absage wie dem „Macho“. Und was ist für Männer heute dann eigentlich von den Männern aus biblischer Zeit zu lernen? In seinem Fazit formuliert es der Autor so: „Die Männer der Bibel sind kraftvoll. Man kann an ihnen nicht achtlos vorübergehen. Sie sprechen uns an. Sie fordern uns heraus. Sie wecken die männliche Kraft in uns.“ (S. 183). Die eigene Kraft zu entdecken: Zu dieser Entdeckungsreise will Anselm Grün mit seinem Buch Männer einladen, wohl wissend, dass die Mehrzahl seiner Leser weiblich ist (siehe die Bemerkung auf S. 9). Dem Buch ist in der Tat zu wünschen, dass viele Männer es lesen. Denn es vermittelt in der Begegnung mit den biblischen Männergestalten viele spannende, herausfordernde und manchmal auch irritierende Einsichten. Ein Männerbuch, das wirklich von vielen Männern gelesen wird? Warum nicht! Die Chancen dafür stehen gerade bei einem Autor, der zurzeit so en vogue ist wie Anselm Grün, eigentlich gar nicht so schlecht.

 

Andreas Ruffing

 

 

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