Chabon, Mann sein für Anfänger.

Chabon_Mannsein für Anfänger_jpg kleinMichael Chabon, Mann sein für Anfänger. Ein Leben als Ehemann, Vater und Sohn, dtv, München 2013. ISBN 978-3-423-14248-9. 314 Seiten.

 

Michael Chabon tritt eine Reise an. Sie führt ihn nicht in andere Länder oder zu anderen Männerkulturen mit ihren zum Teil skurrilen Inszenierungen von Männlichkeiten.  Seine Reise ist eine Reise in die eigene Biografie. Sie führt ihn zurück in das Amerika der letzten 40 Jahre. „Ich wuchs auf in einer Zeit sich auflösender Grenzen, unbeständiger wirtschaftlicher Verhältnisse, gelockerter Definitionen von Männlichkeit und Weiblichkeit, den Rollen von Eltern und Kindern“ (S.148), so erinnert sich der 1963 geborene Autor an seine Jugendzeit. Manches von dem, was er aus diesen Jahrzehnten beschreibt, kommt mir beim Lesen sehr vertraut vor, anderes spiegelt dann doch eher amerikanische Verhältnisse wider. Vor dem Hintergrund der Diskussion des letzten Jahres zur rituellen Beschneidung im Judentum und im Islam bin ich dabei besonders an dem Kapitel über die Beschneidung der beiden Söhne des jüdischen Autors hängengeblieben. Für ihn stellt sich im Rückblick die Beschneidungszeremonie als eine „Verstümmelung … die einzig treffende Bezeichnung für diesen barbarischen Akt“ (S.31) dar. Und wenn Chabon ansonsten in seinem Buch sich melancholisch-selbstironisch, manchmal auch durchaus sarkastisch mit seinem Mannsein auseinandersetzt und gesellschaftliche Rollenerwartungen und -bilder hinterfragt, so kommt gerade an dieser Stelle  ein ungewohnt bitterer Ton in das Buch hinein. Eines macht Chabon aber auf jeden Fall klar: Mit dem Coverbild des Buches, das Elvis Presley in einer Filmszene  als Cowboy mit gezogener Pistole zeigt, hat amerikanisches Männerleben, zumindest das im Buch Beschriebene, nicht mehr viel zu tun.

 

Andreas Ruffing

 

 

 

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