Jäckel, Mein Kind gehört auch zu mir.

Karin Jäckel, Mein Kind gehört auch zu mir. Handbuch für Väter nach der Trennung (Beltz Taschenbuch 862). Beltz, Weinheim – Basel – Berlin 2003. ISBN 3 407 22862 7. 267 Seiten, € 14,90.

 

Am Anfang mag es verwundern, dass gerade eine Frau – und dazu als Germanistin und Kunstgeschichtlerin auch aus einem anderen Fach – ein „Handbuch für Väter nach der Trennung“ vorlegt. Doch die Autorin hat nicht nur in diesem Feld bereits publiziert und sich auch gut informiert (siehe die Danksagung), sondern sie stellt sich auch deutlich auf die Seite der betroffenen Väter.

Anders, als der Titel suggeriert, setzt das Buch bereits bei dem Zeitpunkt an, wenn bewusst wird, dass die Beziehung in der Krise steckt. Hier empfiehlt die Autorin eine systematische „Bestandsaufnahme“ der Beziehung und daraufhin eine konsequente Entscheidung. Dann verfolgt sie den weiteren Verlauf des Trennungs- und Scheidungsverfahrens bis hin zum richtigen Umgang mit den Kindern, wenn man nach der Scheidung ein Wochenend-Papa geworden ist.

Jäckel beleuchtet zum einen die personal-psychische Seite. Sie leitet bei einzelnen Schritten (z. B. „Will ich mich trennen?“ oder „Wer soll das Sorgerecht beanspruchen?“) zur Selbstreflexion an, empfiehlt aber auch wiederholt, sich professionelle Hilfe zu holen. Auch gibt sie Anstöße, wie man den erheblichen Belastungen in dieser Zeit begegnen kann.

Auf der anderen Seite geht sie die vielen Dinge durch, die zu regeln sind: Finanzen, Wohnverhältnisse, Unterhaltsfragen, Ehegattenunterhalt, Sorgerecht, Kindesunterhalt etc. Sie zeigt, welche Schwierigkeiten im Umgang mit Gerichten und Jugendämtern auftreten können. Hilfreich sind dabei die Musterbriefe, die sich für die verschiedensten Situationen im ganzen Buch finden.

Jäckel rät sie zu einem wohlüberlegten, wohlinformierten und dann konsequenten Handeln, das auch vor dem Klageweg nicht zurückschreckt. Andererseits plädiert sie dafür, sich in die andere Seite (Ex-Frau, Kinder, Jugendamt etc.) hineinzuversetzen und eine Verständigung anzustreben. Dabei stellt sie das Kindeswohl in den Mittelpunkt.

Auch wenn das Buch bereits 1999 in einem anderen Verlag erschienen ist (was sich auch an den Kostenangaben in DM zeigt), berücksichtigt es bereits das neue – gemeinsame – Sorgerecht. Angesichts ständiger Veränderungen in Recht und Rechtsprechung ist es für den Betroffenen sowieso nötig, sich auf dem neuesten Stand zu halten. Dazu dienen auch die Literatur- und Zeitschriftentipps und insbesondere die Kontaktadressen (Selbsthilfegruppen, Rechtsauskünfte, Beratungsstellen etc.) am Schluss des Buches.

Die Publikation ist für Väter in der Trennungs- und Scheidungsphase sicherlich eine große Hilfe. Aus christlicher Sicht mag man anfragen, ob Jäckels Plädoyer für die Trennung, wenn man das Scheitern der großen Liebe diagnostiziert (S. 25 f.), nicht etwas zu schnell kommt. Allerdings ist die Autorin durchweg Realistin – und ohne eine realistische Sicht der Dinge, die das Buch zu vermitteln sucht, wird man als Vater im Scheidungsverfahren unter die Räder kommen. Zudem zeichnet sich das Buch durch seine keineswegs einseitige, sondern abgewogene und einfühlsame Darstellung aus: Es ist alles andere als eine Anleitung für Scheidungsväter, wie sie ihre Ex-Frau fertig machen können, sondern zeigt Wege, wie die Ex-Partner und insbesondere die Kinder so heil wie möglich Trennung und Scheidung überstehen können.

 

Martin Hochholzer

 

 

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