Aigner/Pock (Hrsg.), Geschlecht quer gedacht.

Maria Elisabeth Aigner, Johann Pock (Hg.), Geschlecht quer gedacht. Widerstandspotenziale und Gestaltungsmöglichkeiten in kirchlicher Praxis (Werkstatt Theologie. Praxisorientierte Studien und Diskurse 13). Lit Verlag, Wien – Berlin 2009. ISBN 978-3-8258-1654-4. VII + 308 Seiten, € 29,90.

Aus einer „Pastoraltheologischen Werkstatt“ zum Thema „Pastoral und Geschlechterdifferenz“ ist der vorliegende Sammelband entstanden. Die Herausgeber erläutern den Titel des Buches so: „Das Buch möchte einerseits einen Quer-Schnitt bieten aus den derzeitigen Diskussionen; andererseits aber auch Positionen benennen, die quer liegen zu gängigen Meinungen“ (S. 1). So äußern die vorliegenden Beiträge auch deutliche Kritik an einer Kirche und einer Pastoraltheologie, die sich modernen Geschlechterfragen nicht wirklich öffnen; gleich im ersten Beitrag verweist Rainer Bucher etwa darauf, „dass solch eine Fundamentalopposition gegenüber neuen wissenschaftlichen Konzepten Theologie und Kirche selten gut getan“ hat, weil sie „einen selbst aus dem intellektuellen Spiel nimmt und, am fatalsten, den möglichen eigenen Erkenntnisfortschritt behindert“ (S. 5).

Die 17 Aufsätze – gleichermaßen von Frauen wie Männern verfasst – gruppieren sich unter folgenden Unterschriften: „Gender: Pastoraltheologische Perspektiven“ – „Die Genderfrage aus biblischer Sicht“ – „Perspektiven feministischer Theologie“ – „Die Kirche und die Frauen“ – „Die Männerfrage in der Pastoral“ – „Trans-kulturelle Blicke“ – „Gender und Sprache“. Einiges sei beispielhaft vorgestellt: Die Stelle Gal 3,26-28 („nicht mehr Mann und Frau“) ist eine Kernaussage für geschlechtersensible Theologie; obwohl schon oft besprochen, sind die exegetischen Erläuterungen des Bamberger Neutestamentlers Joachim Kügler hilfreich, um die subtilen gendertheologischen Implikationen des Textes umfassend zu verstehen. Die Diskussion um die Angemessenheit der Übersetzung (insbesondere von Gottesbezeichnungen) in der „Bibel in gerechter Sprache“ greift Ruth Fehling in einem differenzierten Beitrag auf. Mit Uta Pohl-Patalong und Maria Elisabeth Aigner erzählen eine evangelische und eine katholische Pastoraltheologin von ihren Erfahrungen mit Geschlechtergerechtigkeit in der jeweiligen Universität und Kirche. Ein Konzept einer „feministischen Seelsorge“ durchdenkt Doris Nauer. Daniela Weiner-Murschitz geht der Frage nach, wie in der Kirche ein neues Sprechen über Sexualität aussehen könnte, und hat dazu exemplarisch die Sprache einiger Theologie- und Nicht-Theologie-Studierender untersucht. Unsere deutschen Debatten kontrastieren zwei Beiträge zum südlichen Afrika: Wie sollte die katholische Pastoral und Sexualmoral auf die massive Bedrohung durch AIDS reagieren?

In den drei Aufsätzen zur „Männerfrage in der Pastoral“ schließlich berichtet zuerst Christian Bauer von seinem Praxisjahr an einer Nürnberger Kirche, bei dem er den Blick besonders auf die Arbeit mit Männern richtete; er verbindet seine Erfahrungen mit theologischen und praktischen Überlegungen und gibt „Handlungsimpulse für eine zukünftige Pastoral der Geschlechter“. Martin Weiß-Flache reflektiert „die Blindheit männlicher Pastoraltheologen gegenüber dem eigenen Geschlecht“ und skizziert mögliche Eckpunkte für eine theologische Männerforschung. Schließlich thematisiert Johann Pock die Bedeutung der Geschlechtlichkeit, des Mannseins für die Priesterausbildung und das Priestersein.

 

Martin Hochholzer

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